Langjähriger Streit um Übersetzer-Eid entschieden

■ Verwaltungsgericht: Innenbehörde muß Übersetzer beeiden: „Bedenken vorgeschoben“

„Ich habe den Eindruck, die Bedenken sind vorgeschoben,“ sagte Richter Feldhusen. „Die Behörde spielt offensichtlich auf Zeit.“ Heftiges Kopfnicken auf der Zuschauerbank des Verwaltungsgerichts. Hier saßen gestern VertreterInnen des „Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer“ (BDÜ) Bremen und beobachteten den Prozeß eines ihrer Mitglieder gegen die Innenbehörde vor der 5.Kammer des Verwaltungsgerichts. Der Kläger hatte verlangt, in Bremen als Dolmetscher und übersetzer beeidigt zu werden, die Innenbehörde hatte ihm dies verweigert. Nun hat das Verwaltungsgericht sie dazu per Urteil verpflichtet: Der Klage wurde nach der mündlichen Verhandlung stattgegeben.

Denn die DolmetscherInnen verstehen die Bremer Welt nicht mehr: „Seit zwei Jahren werden in Bremen keine Übersetzer oder Dolmetscher mehr beeidigt“, meint Fee Engemann vom BDÜ. Die professionellen Sprachgenies brauchen aber eben diese Vereidigung, um als amtlich bestellte Dolmetscher entweder in Gerichtsverhandlungen zu übersetzen oder für Privatunternehmen Urkunden und Dokumente rechtsverbindlich in andere Sprachen übertragen zu können. Doch die Anträge auf den Verwaltungsakt werden von der Innenbehörde regelmäßig abgelehnt, klagt der BDÜ. Der Effekt: Immer häufiger geht den Profi-Übersetzern vom BDÜ das Geschäft mit Unternehmen und Behörden durch die Lappen und bei Gericht werde auf „nicht beeidigte Wald- und Wiesen-Dolmetscher“ zurückgegriffen, klagt Engemann. Die sprechen zwar die Sprache, wüßten aber oft nichts von der Sache, um die es geht: „In Lübeck gab es bereits einen Fall, wo ein Verdächtiger nach einer Vernehmung durch einen nicht beeideten Dolmetscher plötzlich ein Geständnis gemacht haben sollte, obwohl er das nicht gesagt hatte.“

Die Listen der Innenverwaltung mit den Namen von beeideten Übersetzern hält der BDÜ für völlig unzureichend. „Da sind 76 Übersetzer angeführt, aber darunter sind Alte und Tote. Von 17 Dolmetschern für Englisch zum Beispiel ist einer tot, 2 sind über 60 und zwei über 70. Damit hat Bremen genausoviele Dolmetscher für Englisch wie Aurich“, meint Enrique Lopez-Ebri, Vorsitzender des BDÜ. Die in Bremen verschmähten Übersetzer lassen sich in Verden beeiden: 240 Dolmetscher zählt der Ort, Bremen bräuchte mindestens ebensoviel: „Den Bedarf regelt schließlich der Markt, und nicht die Innenbehörde.“

Dolmetscher habe es aber immer genug gegeben, meint dazu Merve Pagenhardt, Sprecherin der Innenbehörde. „Wir orientieren uns am tatsächlichen Bedarf“, heißt es vom Behördenanwalt, außerdem gebe es „verfassungsrechtliche Bedenken“, schließlich stamme die Verordnung noch von 1949, also aus der Zeit vor dem Grundgesetz. Der Anwakt des Klägers: „Dieses Recht haben Sie über Jahrzente angewandt und plötzlich ist es völlig verfassungswidrig?“

Den wirklichen Grund für die Weigerung meinen die Übersetzer zu kennen: die Behörde komme bei der Bearbeitung der Anträge nicht mehr nach. „Stimmt nicht“, meint Pagenhardt. Eine neue Regelung werde demnächst dem Senat vorgelegt. In den letzten zwei Jahren seien keine neue Dolmetscher vereidigt worden, weil man auf diese Neuregelung warten wollte. Mit der Neuregelung wird die Innenbehörde dann auch das Problem los ein: Wer sich beeidigen lassen will, muß demnach künftig nicht zu ihr, sondern zum Amtsgericht. bpo