: Mittel für Sanierung liegen 1995 auf Eis
■ Den Bezirken fehlen die Gelder für Sozialpläne und Umzüge / Bündnisgrüne fordern Haushaltsumschichtung
Droht das Stadterneuerungsprogramm von Bausenator Nagel (SPD) am finanziellen Engpaß der sanierungsbedürftigen Bezirke zu scheitern? Als im Oktober letzten Jahres zu den bestehenden fünf Sanierungsgebieten im Ostteil zehn weitere vom Senat förmlich festgelegt wurden, hieß es aus der Bauverwaltung, mit den bereitstehenden Geldern von rund 4,6 Milliarden Mark könnten in den nächsten Jahren 35.000 Wohnungen sozialverträglich saniert werden.
Nun schlagen die Bezirke Alarm. Weil den Bezirksämtern im Ostteil insgesamt 16 Millionen Mark für sogenannte bezirkliche Ordnungsmaßnahmen, also Mittel für Sozialplanverfahren oder Umzugskosten, fehlen, so die Baustadträtinnen von Mitte und Friedrichshain, Dorothee Dubrau (Bündnis 90/ Die Grünen) und Martina Albinus (PDS), lägen die staatlichen Fördermittel auf Eis.
Neu ist das Problem nicht. Bereits nach der Festlegung der neuen Sanierungsgebiete klagten die Baustadträte nicht nur über fehlendes Personal, sondern auch darüber, mit den im Globalhaushalt der Bezirke für 1995/96 vorgesehenen Mitteln für die begleitenden Ordnungsmaßnahmen die hochtrabenden Sanierungspläne nicht umsetzen zu können. In Friedrichshain, wo seit Herbst 1994 zwei weitere Sanierungsgebiete zu bearbeiten sind, wurden diese Mittel von 7,7 Millionen Mark auf 5,6 Millionen gekürzt, in Mitte von 5,2 auf 3 Millionen und in Prenzlauer Berg, dem größten Sanierungsgebiet Europas, von 14 auf 10 Millionen Mark.
Mit den vorhandenen Geldern, sagt die Baustadträtin von Mitte, Dubrau, könne 1995 so gut wie kein Haus neu in die Förderung aufgenommen werden. Der Grund: Die zur Verfügung stehenden 3 Millionen Mark sind bereits durch vorhergehende Sanierungsmaßnahmen gebunden. 50 Millionen Mark Fördermittel, das entspricht etwa der Sanierung von 25 Gebäuden, könnten nicht verwendet werden. Die Folge sei, daß Eigentümer, die man mühsam überzeugt habe, öffentliche Gelder anzunehmen, nun doch privat modernisieren müßten. Ähnlich sieht es in Friedrichshain aus. Nur etwa 60 Prozent der zur Verfügung stehenden 60 Millionen Mark könnten verbaut werden, ärgert sich Baustadträtin Albinus.
Im Senat kennt man das Problem, verweist aber auf die Sparbeschlüsse bei den Haushaltsberatungen und darauf, daß die Bezirke bei Bedarf die Mittel innerhalb des Globalhaushalts umschichten können. Ein Vorschlag, der freilich in den Bezirken, ohnehin zuständig für Sozialhilfe und Wohngeld, nur mit Kopfschütteln zur Kenntnis genommen wird. Die baupolitische Sprecherin der Bündnisgrünen im Abgeordnetenhaus, Elisabeth Ziemer, kritisierte gestern, daß Bausenator Nagel auf der einen Seite „glänzende Erfolge bei der Bereitstellung der Fördermittel vermeldet, dabei aber genau weiß, daß nichtverbaute Mittel wieder in den Landeshaushalt zurückfließen“.
Statt seine Hände in Unschuld zu waschen, sollte der Senat, so Ziemer, den Bezirken die fehlenden Gelder aus den nicht ausgeschöpften Neubaumitteln zur Verfügung stellen und in Zukunft die Ausgaben für Ordnungsmaßnahmen an die zentrale Vergabe der Fördergelder koppeln. Uwe Rada
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