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Unterm Strich

760 Millionen klingt da doch schon ein wenig anders. Soviel will die EU zur Förderung der europäischen Film- und Fernsehindustrie gegen die übermächtige Hollywood-Konkurrenz ausgeben, allerdings nicht sofort, sondern demnächst, mit sanftem Anstieg und innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren (1996 bis 2000). „Media II“ heißt das Programm, und das meiste Geld daraus ist für den grenzübergreifenden Vertrieb vorgesehen. Drehbuchgestaltung, Finanzplanung und Marketingstrategie sollen vernetzter werden (siehe auch taz von gestern, Stichwort „Packaging“). Der Rest fließt in die Verbesserung der Ausbildung der spezialisierten Fachkräfte und in die Entwicklung von Filmen „mit einer europäischen Dimension“ (was immer das heißen mag).

Erst jetzt wurde bekannt, daß vier Hobbyforscher im April vergangenen Jahres die Spuren einer neuen Hochkultur entdeckt haben. Und zwar geschah dies am Rio Talgua im Mosquitia-Regenwald im Nordosten von Honduras, wo die vier in einer Höhle Schädel fanden, die im Lichtstrahl der Taschenlampe unheimlich zu funkeln begannen. Die Köpfe, so stellte sich bald heraus, waren mit phosphoreszierenden Kalziumkristallen überzogen, weshalb der Fundort den Namen „Höhle der leuchtenden Schädel“ bekam. Ansonsten ist bislang wenig bekannt über diese Kultur, außer daß sie ihren Höhepunkt um 1000 vor unserer Zeitrechnung gehabt haben soll und die Ernährung, wie paläoarchäologische Proben ergaben, vermutlich nicht aus Mais (wie bei den Mayas und allen mittelamerikanischen Hochkulturen), sondern aus Maniok, der tropischen Knollenpflanze, bestand. „Diese Menschen waren kein bißchen weniger hochentwickelt als die Mayas“, glaubt Professor Brady von der George Washington University, der am Dienstag in Washington die „leuchtenden Schädel“ erstmals der Öffentlichkeit präsentierte. Ob man noch ein bißchen mehr herausbekommen wird, hängt stark davon ab, wie telegen die Funde ausfallen und in welchem Ausmaß sich das Fernsehen demgemäß finanziell engagieren wird. Der Grabungsbeginn im Sommer ist allerdings gesichert. Wir freuen uns, klasse neues Genre: Dig-TV.

Courtney Love, Superbabe, Chefin der Band Hole, (Ex-)Ehefrau von Kurt Cobain, ist zu einer Geldstrafe von 500 Dollar und einem Monat „good behavior“ verurteilt wor-

den, weil sie die Crew und einige Passagiere während eines Inlandsflugs von Brisbane nach Melbourne beleidigt haben soll. Der Konflikt eskalierte, als Love der Aufforderung nicht nachkommen wollte, ihre Füße von der Flugzeugwand zu nehmen. Wieviel nach dieser Logik randalierenden Rockstar-Männerhorden aufgebrummt werden müßte... „Live through this“...

Die britische Lifestyle-Fachpresse, der wir diese Nachricht entnehmen, gefällt sich im übrigen zur Zeit im Hineinschreiben deutscher oder deutsche Bestandteile enthaltender Wörter in ansonsten rundum englische und von englischem Geschmack geprägte Musik- und Sonstwas-Artikel. „Groovemeister“ zum Beispiel (hat natürlich mit dem deutschen Einfluß auf die Dance-Szene zu tun und der Vorstellung, alle Deutschen wären irgendwie Techno-Leute, die in Berliner Kellern 74 Stunden hinternander wegtanzen). Auch gerne verwendet, aber mehr in den USA: „Fahrvergnugen“ (hat natürlich mit der Vorstellung zu tun, daß in Deutschland irrsinnig gebrettert wird auf Autobahnen, was ja in diesem Fall sogar nicht ganz unrichtig ist). In „Jägermeister“ steckt irgendwie beides.

Ganz raus aus der lebensstilmäßigen Zeichenzirkulation: „Bolshevique Chic“ und alles, was damit zusammenhängt. Im mecklenburgischen Neustrelitz wurde ein 20 Meter hohes Soldatendenkmal, das 1949 auf dem Neustrelitzer Marktplatz errichtet worden war, dekonstruiert bzw. die Dekonstruktion nachträglich durch die Denkmalschutzbehörde bei der Kreisverwaltung Neustrelitz für Rechtens befunden. Die Russen stimmten dem Ganzen auch zu, bestanden aber darauf, daß es an anderer Stelle wieder aufgebaut wird. Früher, d.h. bis 1946, zierte den Marktplatz ein Standbild des Mecklenburg-Strelitzer Herzogs Georg. Was jetzt hinkommt, ist noch nicht klar.

Wiglaf Droste, Politentertainer aus Bielefeld mit langjährigem Wohnort Berlin, wird neuerdings schon in der FAZ als „höllisch gut“ gepriesen. Mit Bild (von Ernst Kahl)! Jetzt mußte Dir aber was echt einfallen lassen, Alter!

Sotheby's versteigert den Nachlaß des 1970 in Paris gestorbenen Man Ray, und zwar am 22. und 23. März in London. Die 550 Bilder, Objekte und Fotografien (darunter solche von Picasso, André Derain und Peggy Guggenheim) stammen aus dem Nachlaß der 1991 gestorbenen Ray-Witwe Juliet.

Der Vertrag mit Claudio Abbado, Chef der Berliner Philharmoniker, ist bis zum Jahr 2002 verlängert worden. Das teilten Abbado selbst und der Berliner Kultursenator Roloff-Momin am Mittwoch in der Philharmonie mit. Momin betonte, Abbado habe es geschafft, „nach gewissen Escheinungen am Ende der Karajan-Ära“ das Orchester zu neuer Blüte zu führen.

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