: Eingekesselte Stadt Bihać bedrängt
■ UN-Schutzzone unter Artilleriebeschuß / Kohl für Aufrechterhaltung des Waffenembargos gegen Bosnien
Sarajevo (AP/AFP) – Bei den schwersten Kämpfen seit Beginn der Waffenruhe zu Jahresanfang haben bosnische Serben gestern die in Bihać eingeschlossenen Regierungstruppen in Bedrängnis gebracht. Mit Hilfe der kroatischen Serben besetzten sie einen für die Kontrolle von Bihać wichtigen Höhenzug. Außerdem versuchen die Serben offenbar, das Trinkwasserreservoir bei Klokot acht Kilometer vor der Stadt zurückzuerobern. Das seit Donnerstag andauernde Artilleriefeuer kam aus der Nähe des Stadtzentrums, das UN- Schutzzone ist. Acht Granateinschläge in Sarajevo am Vortag und die Verschärfung der Lage im ostbosnischen Srebrenica hatten schon zuvor Befürchtungen um die viermonatige Waffenruhe aufkommen lassen, die zu Friedensverhandlungen genutzt werden sollte. Bei Srebrenica ziehen die Serben schwere Waffen zusammen. Gestern gingen auch die Kämpfe um das nördlich gelegene Velika Kladuša weiter. Außerdem berichtete die UNO über neue Verstöße der Serben gegen das Flugverbot über Bosnien.
Unter dem Vorwurf der Spionage für die bosnischen Serben nahmen die Behörden von Sarajevo eine serbische UN-Mitarbeiterin fest, die in der Registratur des Flughafens der Stadt arbeitet. Die Frau soll die Serben darüber informiert haben, welche Bosnier sich zu welchem Zeitpunkt in UN- Fahrzeugen bewegten. Der Fall hängt offenbar mit der Festnahme eines bosnischen Fernsehjournalisten vor zwei Wochen an einer serbischen Straßensperre zusammen, der in einem UN-Fahrzeug saß.
Die Festnahme der Serbin ist nach UN-Regeln ebenso illegal wie die Festnahme des Journalisten. Bundeskanzler Helmut Kohl, zu Besuch in Washington, riet nach eigenen Angaben in Gesprächen mit Mitgliedern des US-Kongresses davon ab, das Verbot von Waffenlieferungen nach Bosnien aufzuheben.
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