Kommentar: Verfassungsfeind Fücks
■ FDP-Wahlkampf wider besseres Wissen
Wenn die Politik sich vor harten Entscheidungen drücken will, dann landet die Sache bei den Gerichten. Immer häufiger stöhnen die, daß sie ausbaden müssen, was die Gesetzgeber versäumen. In der Debatte um das Verhalten von Umweltsenator Ralf Fücks in der „Piepmatzaffäre“ geht es andersrum: Ein politischer Fehler, möglicherweise vollständig revidierbar, wird in Wahlkampfzeiten von der FDP zum „Verfassungsbruch“ hochgeblasen. Plötzlich erinnern sich die Liberalen wieder ihrer rechtsstaatlichen Tradition.
Die Strategie wird aufgehen: Gerade im Wahlkampf wird nicht nachgefragt, ob Fücks– Verhalten überhaupt als Verfassungsbruch zu werten ist. Da geht es darum, der grünen Gallionsfigur den Nimbus des Gesetzlosen anzuhängen, ihn in eine Linie mit skupelloser Polit-Mafia und putschenden Generälen zu stellen.
Mit Recht hat die Republik aufgejault, als weiland Bundesinnenminister Zimmermann mit dem Spruch, er könne nicht jeden Tag die Verfassung unterm Arm tragen, seine Verachtung für Grundrechte offenbarte. Doch die FDP weiß genau, daß ein Verstoß gegen die Verfahrensregeln wie der von Fücks im Behördenalltag häufiger vorkommt. Oder warum wirft sonst niemand dem FDP-Innensenator van Nispen eine Straftat wie etwa Hausfriedensbruch vor, wenn ein Gericht nachträglich feststellt, daß die Räumung des Frauenprojekts Buntentor unrechtmäßig war? Bernhard Pötter
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