piwik no script img

Keine Chance für Vergewaltiger

■ Nolte und Eylmann unterstützen Vorschlag der Bundesjustizministerin / CSU schwenkt auf Linie ein

Hamburg (dpa) – Vergewaltigung in der Ehe wird wahrscheinlich schon bald unter Strafe gestellt. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) fand am Wochenende bei der Union weitgehende Zustimmung.

Der Vorsitzende des Rechtsausschusses des Bundestages, Horst Eylmann (CDU), nannte den Entwurf in einem Interview „eine gute Diskussionsgrundlage“, mit der er „im wesentlichen einverstanden“ sei. Er sei zuversichtlich, daß noch in diesem Jahr ein entsprechendes Gesetz verabschiedet werde.

Bundesfrauenministerin Claudia Nolte (CDU) erklärte in diesem Zusammenhang, sie sehe keine grundsätzlichen Probleme mehr. Mit der Justizministerin habe sie vereinbart, „daß wir die Sache zügig vorantreiben wollen“.

Nach dem Gesetzentwurf von Justizministerin Leutheusser- Schnarrenberger soll Vergewaltigung in der Ehe künftig mit mindestens einem Jahr Haft bestraft werden, In schweren Fällen sollen bis zu 15 Jahre Freiheitsentzug möglich sein. Auch auf eheähnliche Beziehungen soll das Gesetz angewendet werden. Eine „Versöhnungsklausel“ soll es ermöglichen, das Strafmaß zu mildern oder von Strafe abzusehen.

Auch die CSU will nach einem Bericht von Focus bei der Bestrafung von Vergewaltigung in und außerhalb der Ehe keinen Unterschied mehr machen. Der Staatsminister in der bayerischen Staatskanzlei, Erwin Huber (CSU), erklärte hierzu: „Das jetzige Strafmaß von mindestens zwei Jahren Haft für Vergewaltigung muß gelten.“ Allerdings bestehe die CSU auf einer Widerspruchsmöglichkeit der Ehefrau aus Versöhnungsgründen. „Wenn die Eheleute wieder eine gemeinsame Basis für die Zukunft gefunden haben, soll der Strafanspruch des Staates zurücktreten“, sagte Huber.

Eylmann wies in einem Gespräch mit dem Deutschlandradio Berlin Argumente gegen einen neuen Straftatbestand der Vergewaltigung in der Ehe wie Beweisnot oder eine drohende Prozeßwelle zurück. Zu Prozessen werde es nur in gravierenden Fällen kommen. Der Welt am Sonntag sagte Eylmann, wichtig sei, daß dieses Gesetz „nun jede Vergewaltigung erfaßt, unabhängig davon, ob sie in oder außerhalb einer Ehe passiert“. Das Gesetz müsse „einen genügend großen Strafrahmen“ vorsehen, damit in minder schweren Fällen auch eine niedrigere Strafe möglich sei. Außerdem müsse man sich darüber unterhalten, „welche Regelung wir treffen, wenn die vergewaltigte Frau sagt, sie habe sich mit ihrem Mann wieder ausgesöhnt und wolle die Ehe fortsetzen“. Die CDU habe bisher zu einem Widerspruchsrecht der Frau geneigt, weil diese ohnehin in der Lage sei, das Verfahren zu stoppen, wenn sie in der Hauptverhandlung die Aussage verweigere.

Frauenministerin Nolte forderte, den Gewaltbegriff zu erweitern. „Den Frauen wird oft geraten, zu ihrem eigenen Schutz bei Vergewaltigungen keine heftige Gegenwehr zu leisten. Später wird ihnen vor Gericht vorgeworfen, sie hätten sich nicht gewehrt, also sei auch keine Gewalt angewendet worden.“ Das sei absurd, meinte die Ministerin.

Bisher war das Vorhaben, Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe zu stellen, am Widerstand aus der Union gescheitert. Die SPD hatte im Januar einen Gesetzentwurf von 1991 wieder eingebracht, in dem eine Mindesthaftstrafe von zwei Jahren gefordert wird. In den vergangenen Jahren waren Gesetzesvorschläge, die Vergewaltigung in der Ehe unter Strafe stellen wollten, immer wieder gescheitert. Nach geltendem Recht kann ein Ehemann bei Vergewaltigung der Ehefrau nur wegen Nötigung oder eventuell wegen Körperverletzung bestraft werden.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen