■ Mit dem Mißtrauen auf Du und Du: Rechnen mit den Rechten
In den Bremer Parteizentralen werden dieser Tage nicht nur die Messer gewetzt, sondern auch die Rechenschieber betätigt: Mit wievielen und mit welchen Stimmen kann die CDU für ihr Mißtrauensvotum gegen Umweltsenator Fücks rechnen? Die Rechnung ist offen und wird jeden Tag offener: Die Mißtrauens-Front scheint zu bröckeln.
Laut Art.110 der Landesverfassung braucht ein Mißtrauensantrag in der Bürgerschaft die Zustimmung durch die Mehrheit der gesetzlichen Mitglieder – also 51 Stimmen. Sicher scheint bisher nur: 33 CDU-Abgeordnete werden dafür stimmen. Die FDP-Fraktion (10 Stimmen) hat verkündet, sie werde mitstimmen – doch das war vor dem Knalleffekt des Parteiaustritts ihres Innensenators. Außerdem haben die SPD-Abgeordneten Sakuth, Barsuhn, Wilhelmi (AfB) und Kahrs offen angekündigt, gegen Fücks zu stimmen, die Abgeordnete Lakmann will sich enthalten. Macht zusammen 47 Stimmen für den CDU-Mißtrauensantrag. Die restlichen vier Stimmen muß sich die CDU bei den bisher so geschmähten Rechten holen: Die Gruppen der DVU und der „Nationalkonservativen“ verfügen über je drei Sitze – zusammen genug für das Mißtrauensvotum.
Hier nun beginnen die Spekulationen. Wird die DVU mit der CDU stimmen? Werden die NK-Abgeordneten, die CDU-Fraktionschef Kudella für „einen Lügner und Feind“ halten, ihm ihre Stimmen geben? Werden alle Abgeordneten zur Abstimmung erscheinen? Wer fehlt oder sich enthält, stimmt gegen den Antrag und damit letztlich für Fücks. Wird es unter den SPD-Abgeordneten weitere U-Boote geben, die mit ihrer Stimme in der offenen Abstimmung gegen Fücks eine rot-grüne Koalition nach den Neuwahlen verhindern wollen und die Weichen für eine große Koalition stellen?
Die Hauptperson Ralf Fücks, gegen den im Juni 1993 bereits ein Mißtrauensantrag der CDU in geheimer Abstimmung mit 43 Stimmen scheiterte, will sich an all diesen Spekulationen nicht beteiligen. „Erst sollte ich wegen des Vogelschutzes zurücktreten, dann, um das Mißtrauensvotum abzuwehren und jetzt, wo der Erfolg des Antrags immer unwahrscheinlicher wird, wegen möglicher rechter Stimmen. Das ist doch absurd. Die Frage, ob sie die Rechten hoffähig machen, muß sich die CDU stellen lassen. Jeder weiß, daß ich keinen Wert auf Unterstützung aus dieser Ecke lege.“ Einen freiwilligen Rücktritt vor dem Mißtrauensantrag schließt er aus. Kommen die 51 Stimmen gegen Fücks nicht zusammen, heißt es aus der grünen Fraktion, gebe es keinen Grund für einen Rücktritt. In der Showdown-Logik der Ampel würde Fücks damit seinen Kontrahenten Jäger aus dem Senat kippen: Der hat angekündigt, in diesem Fall selbst zurückzutreten. bpo
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