: "Ist wer gestorben?"
■ Zum Auftakt der Play-offs ist die Deutsche Eishockey Liga bemüht, sich wieder auf das Sportliche zu konzentrieren
Berlin (taz) – Wenn einer immer Erster war, dann bedeutet Zweiter einen Rückschritt, und die Leute fragen, was los ist und schauen plötzlich ganz ernst. Diese Erfahrung muß derzeit Hans Zach, Trainer der Düsseldorfer EG, immer wieder machen. Als er Sonntag nach dem Heim-4:6 gegen den Krefelder EV den Presseraum betrat, umschwadeten den Tölzer Metzgermeister schwermütige Lüfte. „Ist wer gestorben?“ hat Zach sich da erkundigt. Das nicht: Es ist nur so, daß die Düsseldorfer EG, in den Neunzigern dreimal Meister, im Vorjahr erstmals (vom tatsächlich verblichenen Hedos München entthront) nur Vize, die heute beginnenden Play-offs der Deutschen Eishockey Liga nur von Platz fünf aus angeht. Und also ab dem Viertelfinale möglicherweise öfter auswärts spielen muß.
Hat wenig zu sagen, findet Zach, es werde eh „immer schwerer, zu Hause zu punkten“. Was statistisch zu belegen ist: In der Vorrunde stehen 208 Heimsiegen stolze 137 Erfolge der angereisten Teams gegenüber. Dennoch ist kaum zu leugnen, daß, was in der Bundesliga Gesetz war, für die DEL nicht mehr gilt: In Düsseldorf ist nicht mehr alles besser. Das fängt bei den Zuschauern an, bei denen die DEG (190.000) zwar weiter vorn ist, aber die Brehmstraße längst nicht mehr jede Woche ausverkauft. Und auf dem Eis? Wird anderswo Ansehnlicheres geboten, bei den Berliner Preussen etwa, die die Play-offs von der Pole-position aus angehen. Die anderen, sagt Zach, „haben unserer disziplinierte Spielweise übernommen, spielen genauso konzentriert, sind so athletisch.“ Was er suggerieren will: Nicht die DEG ist abgesackt, die anderen haben aufgeholt. Klasse DEL? Das allerdings ist ein Diktum, das so vorsichtig zu genießen ist, wie jenes von der Nachwuchsförderung der Liga.
Von rühmlichen Ausnahmen wie den Mannheimer Adlern abgesehehen, haben junge Kräfte längst nicht jene Eiszeiten erhalten, die sich manche von dem vergrößerten Arbeitsplatzbedarf der Liga versprochen hatten. Und unter den zwanzig erfolgreichsten Schützen befinden sich mit Dieter Hegen (30 Tore), Peter Draisaitl (26), Benoit Doucet (25) und Jürgen Rumrich (24) gerade vier Halter eines deutschen Ausweises, die entweder stramm über 30 sind oder (Rumrich) nicht allzuweit davon entfernt. Naja, sagt nun wieder Zach, „manche Ausländer treffen sehr häufig, aber sie können kein Team zum Titel führen“.
Daß gute Fremdarbeiter wie Zemlicka und Dopita tatsächlich nicht ausreichen, haben zum eigenen Ärger die Eisbären Berlin bewiesen, die nach dem 2:9 gegen den EV Landshut als einzige ausgeschieden sind. Der Hohenschönhausener Klub hat, wie der jüngst angeheuerte Sportdirektor Billy Flynn kritisiert, „zu oft ohne Herz gespielt“. Mag stimmen, anzufügen ist allerdings: Wo es doch schon mit dem Können nicht allzuweit her war. Aus zwei ausverkauften Heimspielen gegen die Preussen hatte der technische Direktor Lorenz Funk bereits „an die 400.000 Mark“ errechnet. Und nu? Will zwar Immobilienmakler Berg Präsident bleiben, den Etat aber um weitere 1,2 auf nur mehr 3 Millionen Mark reduzieren. Und natürlich den Trainer Joachim Ziesche verabschieden.
Und dann wird am kommenden Samstag ja auch noch ein DEB- Präsident gewählt. Jäkel (Kaufbeuren) oder Goßmann (Düsseldorf)? 78,6 Prozent einer „repräsentativen“ premiere-Auswahl sagen überraschenderweise: „Weiß ich nicht.“ Was soviel heißen mag wie interessiert mich nicht. Sollte möglicherweise der Zach Hans recht haben? Der hat nämlich nachgedacht und herausgefunden, daß nicht Funktionärszwist, sondern „der Sport in den Vordergrund gehört“. So soll es von heute an und bis auf weiteres wieder sein. Peter Unfried
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