Merkel zwingt Griefahn amtlich zur Castor-Lüge

■ Weisung sogar zur Argumentation im Prozeß

Hannover (taz) – Im Streit um den Gorleben-Castor darf das Land Niedersachsen fürderhin keine eigenständigen Positionen mehr vertreten. So sieht es zumindest eine 23seitige Weisung von Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) vor, die seit gestern dem niedersächsischen Umweltministerium vorliegt. Mit dem bundesaufsichtlichen Schriftstück wird dem Land förmlich untersagt, die Zustimmung zum Brennelemente-Transport von Philippsburg nach Gorleben zurückzuziehen. Auch eine erneute Überprüfung des seit einem halben Jahr parkenden Castor-Behälters darf das niedersächsische Umweltministerium jetzt nicht mehr einfordern. Niedersachsen wurde eine Frist von einer Woche gesetzt. Spätestens dann, so will der Bund, soll Umweltministerin Monika Griefahn grünes Licht für den Transport geben. Zudem muß sie einen Antrag von Anwohnern des Zwischenlagers in Merkels Sinn bescheiden.

Auch für die Klage vor dem Verwaltungsgericht, die sich diesem Bescheid anschließen wird, hat die Bundesumweltministerin bereits vorgesorgt. Das 23seitige Schreiben legt bereits en detail fest, welche Positionen Niedersachsen demnächst vor Gericht zu vertreten hat. In dem anstehenden Verwaltungsgerichtsstreit soll das Land davon ausgehen, daß der Castor-Behälter den Einlagerungsbedingungen des Zwischenlagers entspricht und daß beim Beladen des Behälters von der Genehmigung abgewichen werden durfte. Geht es nach dem Willen Merkels, so soll das Land Niedersachsen vor Gericht im Castor- Streit den Standpunkt der Bundesregierung übernehmen.

Die gestern durch Merkels Weisung entstandene Situation ist für Monika Griefahn „absurd und völlig untragbar“. Über das weitere Vorgehen will sie heute noch einmal mit Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder sprechen. Schröder hatte allerdings früher schon betont, sein Land werde sich einer Weisung in bezug auf den Castor nicht widersetzen. Jürgen Voges