: Wissmann ist in eine Sackgasse gefahren
■ EU-Kommissarin will A 20 prüfen
Berlin (taz) – Der Coup von Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) ist mißlungen: Die neue EU-Umweltkommissarin Ritt Bjerregaard will die Festlegung der Linienführung für die Ostseeautobahn an der Europäischen Union vorbei nicht akzeptieren. Wie sie in einem Brief an den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) schreibt, hat sie die deutschen Behörden um einen Stopp des Verfahrens gebeten. „Ich selbst werde versuchen, so schnell wie möglich eine Entscheidung der Kommission in dieser Angelegenheit herbeizuführen“, versichert sie.
Im September letzten Jahres hatte Wissmann der Kommission das A 20-Projekt zur Begutachtung vorgelegt. Sie sollte prüfen, ob die Querung des Peenetals mit den Umweltschutzbestimmungen der Gemeinschaft zu vereinbaren sind. Wissmann aber hatte offensichtlich gehofft, daß er nie Post aus Brüssel bekommen würde (siehe taz vom 8.2.95). Als sich abzeichnete, daß die EU-Umweltabteilung ihm einen abschlägigen Bescheid schicken würde, ließ er den damals noch zuständigen Kommissar Joannis Paleokrassas mit Briefen traktieren, die ihm von einer Zustimmung abrieten. Der wollte offenbar in den letzten beiden Monaten seiner Amtszeit keinen Ärger mehr und tat nichts. Kurz vor seinem Ausscheiden schrieb ihm Wissmann einen Brief, in dem er das Schweigen des EU-Kommissars als Zustimmung wertete.
„Wissmann hat sich verhalten wie ein schlechter Handelsvertreter: Wenn sie nicht widersprechen, schicken wir Ihnen einen Kühlschrank“, kommentiert BUND- Landesgeschäftsführer Peter Westenberger, der im letzten Sommer eine Beschwerde bei der EU gegen Wissmanns Pläne eingereicht hatte. Zwar seien für eine EU-Stellungnahme nur drei Monate Zeit vorgesehen, aber die einzige Möglichkeit, gegen eine Fristüberziehung vorzugehen, sei eine Klage gegen die EU-Kommission. Ihr Recht zur Stellungnahme bleibe davon unberührt. aje
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen