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Urabstimmungen sind mehr als nur die reine Taktik

■ Metall-Beschäftigte sind zum Streik bereit / Urabstimmung über Arbeitskampf soll eingeleitet werden / Erneuter Einigungsversuch an diesem Wochenende

Berlin (dpa/taz) – Im Tarifkonflikt der westdeutschen Metall- und Elektroindustrie hat die Gewerkschaft die Weichen für einen Streik gestellt. Einen Tag nach der IG Metall in Bayern sprachen sich gestern auch alle übrigen regionalen Tarifkommissionen der Gewerkschaft dafür aus, die Verhandlungen für gescheitert zu erklären. Zugleich beantragten sie beim IG- Metall-Vorstand in Frankfurt, die Urabstimmung für einen Streik einzuleiten.

Die Entscheidung darüber wurde bei einer Sondersitzung der IG-Metall-Spitze am Abend erwartet. Für den Beginn eines Streiks, voraussichtlich noch im Februar, müssen in einer Urabstimmung 75 Prozent der Mitglieder im jeweils betroffenen Tarifgebiet votieren. Stimmt danach auch der Vorstand zu, kann der Streik beginnen. Es ist aber damit zu rechnen, daß die Tarifparteien noch an diesem Wochenende einen letzten Versuch unternehmen, den Arbeitskampf abzuwenden.

Der Präsident des Verbandes Gesamtmetall, Hans-Joachim Gottschol, erneuerte in einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk das Angebot, entweder auf der Ebene der Tarifbezirke oder in einem Spitzengespräch eine Verhandlungslösung des Konflikts zu erzielen. Die Arbeitgeber wollen heute in Frankfurt über die Lage beraten. Nach Angaben der Gewerkschaft legten gestern bundesweit rund 14.500 Metaller vorübergehend die Arbeit nieder. Am Mittwoch hatten sich laut IG Metall etwa 275.000 Metaller an der bislang massivsten Warnstreikwelle des laufenden Tarifkonfliktes beteiligt. Die Gewerkschaft fordert für die rund 3,5 Millionen westdeutschen Metaller um sechs Prozent höhere Einkommen.

Urabstimmungen seien dabei kein taktisches Instrument und keine letzte Warnung an die Arbeitgeber, betonte gestern der Stuttgarter IG Metall-Bezirksleiter Gerhard Zambelli. Er nehme an, daß der Vorstand nach ihrem Ende sehr rasch einen Streik beschließen werde. Dazwischen werde es keine Tarifgespräche geben.

Vor knapp einem Jahr war ein Arbeitskampf in der Metallbranche in letzter Minute abgewendet worden. Im März 1994 wurde – zwei Tage vor dem bereits festgesetzten Streikbeginn in Niedersachsen – in einem Spitzengespräch ein Kompromiß erzielt. In der westdeutschen Metallindustrie streikten die Arbeitnehmer zuletzt vom 14. Mai bis 4. Juli 1984. In diesem von der IG Metall als „härteste Tarifauseinandersetzung der Nachkriegsgeschichte“ bezeichneten Arbeitskampf wurde der Stufenplan zur Einführung der 35- Stunden-Woche erkämpft. Barbara Dribusch

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