■ Scheibengericht: Tim Hodgkinson
Each in your own thoughts (Woof 016/Mega 014)
Sie waren die intelligenteste und musikalisch radikalste Formation, die die europäische Rockszene gegen Ende der sechziger jahre hervorgebracht hat: das englische Musikkollektiv Henry Cow. Nichts weniger hatten diese Leute vor, als mittels freier Improvisation und avantgardistischer Kompositionsverfahren die Rockmusik auf den Kopf zu stellen. Obwohl sie immer im kommerziellen Abseits operierten, war ihr Einfluß beträchtlich – bis sie 1978 das Handtuch warfen.
Neben Fred Frith war Tim Hodgkinson Gründungsmitglied der Formation und ein Motor der Band. Der Keybordspieler, Altsaxophonist und Klarinettist hat sich nach dem Split immer wieder mit neuen Bandprojekten und Produktionen zu Wort gemeldet, ob mit The Work, der Vokalistin Cathérine Jauniaux oder The Momes. Sein neues Album zeigt ihn als vielfältigen Komponisten und Soundtüftler. Im Zentrum der Platte steht ein Stück von ihm, das Henry Cow schon Mitte der siebziger Jahre im Repertoire hatte – es wurde aber nie aufgenommen.
Um es vor dem Verschwinden durch das Vergessen zu bewahren, hat sein Komponist noch einmal fast die gesamte alte Mannschaft zusammengetrommelt. Proklamatorische Strenge, vertrackte Linien und verzwickte Strukturen – unschwer sind die typischen Merkmale zu erkennen.
Trotzdem fallen die beiden Solonummern der Platte musikalisch interessanter aus. Tim Hodgkinson untersucht hier das Henry-Cow- Konzept auf seine elektronische Tauglichkeit – mit überraschendem Resultat.
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