: Nur „gute Muslime“ für Afghanistan
■ Taliban-Miliz will Neuverhandlung des UNO-Friedensplans
Kabul/Islamabad (AFP) – Die Umsetzung des UN-Friedensplans für Afghanistan droht sich durch neue Forderungen der zwei stärksten Bürgerkriegsfraktionen des Landes zu verzögern. Sowohl Präsident Burhanuddin Rabbani als auch die in den letzten Wochen militärisch erfolgreiche Taliban-Miliz wollen eine Neuverhandlung des UN-Plans. Die Taliban forderten am Samstag bei einem Treffen mit UN-Vermittler Mahmoud Mestiri, in dem neu zu gründenden Führungsgremium des Landes sollten nur Vertreter der 30 afghanischen Provinzen vertreten sein, die sich als „gute Muslime“ erwiesen hätten. Außerdem sollten vor der Machtübernahme des neuen Gremiums „neutrale Sicherheitskräfte“ geschaffen werden.
Der UN-Friedensplan sieht vor, daß Präsident Rabbani um den 20. Februar herum abtritt und an seiner Stelle ein „panafghanisches“ Gremium die Macht übernimmt. Rabbanis Mandat war eigentlich schon im Dezember vergangenen Jahres abgelaufen. Ein Sprecher des Präsidenten sagte am Freitag in der pakistanischen Grenzstadt Peshawar, das Auftauchen der Taliban in Afghanistan mache neue Verhandlungen über den UN-Plan erforderlich.
Unterdessen rückten die Taliban in der Provinz Paktika südöstlich von Kabul vor und übernahmen die Kontrolle über die Provinzhauptstadt Scharan. Dabei stießen sie nach einem Bericht der afghanischen Nachrichtenagentur AIP nicht auf Widerstand. In der Provinz befänden sich keine wichtigen Militärstützpunkte, doch sei sie politisch bedeutsam, da sie ursprünglich unter dem Einfluß Rabbanis gestanden habe. Inzwischen kontrollieren die Taliban fast ein Drittel des Landes. Erst am Donnerstag mußten Rabbanis Truppen den Taliban strategisch wichtige Stellungen am Südrand Kabuls überlassen.
In der Nacht zum Sonntag lieferten sich die Truppen Rabbanis und Einheiten der schiitischen Mudschaheddin-Fraktion Wahdat im Westen Kabuls sporadische Gefechte. Die proiranische Wahdat ist eine der größten Mudschaheddin-Fraktionen Afghanistans, die seit drei Jahren um die Vorherrschaft in Kabul kämpft.Kommentar Seite 10
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