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Der Süden und das Klima

■ Zahlreiche Entwicklungsländer sind bereit zu CO2-Minderungen

New York (taz) – Nur wenige EU-Delegierte konnten sich auf der Vorbereitungskonferenz zum Klimagipfel dazu durchringen, durch ein von Umweltschützern aufgestelltes Tor zu gehen mit der Aufschrift „Ja, CO2-Emissionen bis zum Jahr 2005 um 20 Prozent senken“. Das entspricht dem Vorschlag der 36 kleinen Inselstaaten (AOSIS). In New York einigte man sich nun lediglich darauf, in Berlin über ein Mandat für weitere Verhandlungen zu diskutieren. Denn der AOSIS-Vorschlag habe nun mal keine Mehrheit.

Nimmt man jedoch die 15 EU- Länder, dazu die 36 Inselstaaten und all jene Länder, die sich in New York für den AOSIS-Vorschlag (oder zumindest nicht dagegen) ausgesprochen haben, kommt man auf 60 bis 70 Jastimmen. In Berlin werden für eine Zweidrittelmehrheit knapp 80, für eine Dreiviertelmehrheit knapp 90 Stimmen nötig sein. In New York wurde daher heftig über den Abstimmungsmodus gestritten. Einig wurde man nicht.

Überraschenderweise zeigten gerade Entwicklungsländer mit hohen CO2-Emissionen Verhandlungsbereitschaft. Ölproduzent Mexiko sprach sich für den AOSIS-Vorschlag aus, ebenso wie mehrere zunehmend industrialisierte Länder wie Malaysia, Indien oder Chile. Doch die meisten der 132 Entwicklungsländer in der G-77 lehnen Verpflichtungen ab. Die beiden Ölländer Kuwait und Nigeria betonten, man habe sicher größere Küstenabschnitte als alle Inselstaaten zusammen und sei deshalb genauso gefährdet. Statt deswegen aber für eine Reduzierung der Treibhausgase zu stimmen, begründeten sie damit einen Anspruch auf mehr Einfluß bei den Verhandlungen.

Laut Rio-Konvention sind zunächst nur Industriestaaten und ehemalige Ostblockländer gefordert, ihren Treibhausgasausstoß zu senken. Sie sind immerhin für etwa 80 Prozent der energiebedingten Kohlendioxid-Emissionen verantwortlich. Vor Berlin auch Forderungen an die Entwicklungsländer zu stellen gefährde die Verhandlungen, warnte Stephan Singer vom WWF Deutschland. Danach aber sei das Konstrukt von Rio aus „reichen“ Ländern des Nordens und „armen“ Ländern des Südens zu überdenken. Jeder saudische Bürger verursache doppelt so hohe CO2-Emissionen wie ein Spanier. Das Industrieland Spanien ist dem Klimaschutz verpflichtet, Saudi- Arabien nicht. Thomas Schuler

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