: Kaiser Wilhelm wieder da
■ Reichsadler hütete fast hundert Jahre Kaiser-Schriftstück / Ein Sturm gab jetzt das inhaltsleere Dokument wieder frei
Selestat (AFP/dpa) – Fast neun Jahrzehnte lang thronte der Kupfer-Adler mit entfalteten Schwingen auf dem Festungsturm der Hoch-Königsburg im Elsaß. Unangefochten überstand er zwei Weltkriege und mehrere Wechsel zwischen deutscher und französischer Herrschaft in dem Gebiet zwischen Vogesen und Rhein. Ein Sturm stürzte ihn jetzt vom Thron – und der zerbrochene Adler gab sein Geheimnis preis: ein vom deutschen Kaiser Wilhelm II. 1906 unterzeichnetes Schriftstück.
Das vom 10. Mai 1906 datierte Dokument stak in einer 50 Zentimeter langen Kupferhülse, in die der Name des Kaisers eingeritzt war. Das Dokument stellt den seinerzeitigen Wiederaufbau der Burg in dem damals zu Deutschland gehörenden Elsaß als Zeugnis für den Glanz des Deutschen Reiches dar. Es trägt die Unterschrift Wilhelms II. und auf der Rückseite die des Architekten Bodo Ebhard. „Über dem ragenden Turm schwebt der glänzende Adler, das Treuesymbol aller deutschen Kaisermacht und Herrlichkeit“, heißt es in dem Dokument, wie es üblicherweise bei Grundsteinlegungen in die Gebäude eingemauert wird. In dem Zylinder, der in Berlin hergestellt wurde, befanden sich auch drei Tageszeitungen vom 10. Mai 1906, die „Straßburger Post“, die „Münchner Neueste Nachrichten“ sowie „Der Tag“.
Das vergessene Dokument hätte leicht endgültig verlorengehen können. Nicht nur weil der Adler bei seinem rund hundert Meter tiefen Fall in mehrere Stücke zerbrach, sondern auch, weil „niemand zunächst überhaupt bemerkt hatte, daß er verschwunden war“, erzählt die Konservatorin der Hoch-Königsburg, Monique Fuchs.
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