■ Das Portrait: Humberto Ortega
Gestern hat er nun doch sein Amt abgegeben. Humberto Ortega, genauer: General Humberto Ortega, sandinistischer Revolutionscomandante und seit über 15 Jahren an der Spitze des Sandinistischen Volksheeres. Aus den Strukturen der FSLN-Guerilla entstanden, mußte Nicaraguas Armee nach dem Sturz des Diktators Anastasio Somoza 1979 zunächst etwaigen Widerstand der zerschlagenen Nationalgarde brechen – eine leichte Aufgabe. Aber der Widerstand wurde zum Krieg, als ab 1981 die von den USA aufgebauten und finanzierten Contras immer heftiger angriffen. Humberto Ortega, jüngerer Bruder des ehemaligen Staatspräsidenten Daniel Ortega, hatte als Armeechef den Krieg zu organisieren, wie er 1978 bis 79 bereits die Endoffensive der Guerilla organisiert hatte.
Nicaraguas Revolutionscomandante tritt ab Foto: Reuter
Der General war Pragmatiker, und das blieb er auch, nachdem die Sandinistische Befreiungsfront die Wahlen 1990 gegen eine konservative Parteienallianz mit Violeta Chamorro als Kandidatin verloren hatte. Darauf bedacht, das Überleben des Militärs zu sichern, erklärte er das Heer zur loyalen, nur der Verfassung verpflichteten Stütze der Regierung. Unter dem Schlagwort der „Professionalisierung“ organisierte er die Verkleinerung der Armee von über 80.000 auf rund 15.000 Mann, von der größten zur kleinsten Zentralamerikas. Gegenüber den USA aber half das alles nichts: Für Rechtsaußen-Republikaner wie den neuen Vorsitzenden des außenpolitischen Ausschusses, Jesse Helms, blieb Ortega ein Dorn im Auge – regelmäßig setzten Helms und seinesgleichen den Stopp der Entwicklungshilfe an Nicaragua durch. Wichtigste Bedingung: Humberto Ortega muß weg. Lange hat Humberto Ortega sich geweigert, jetzt legt er die Führung der Armee nieder – die Zukunft ist organisiert. Zwar wird die Armee das „Sandinistisch“ aus dem Namen streichen. Aber wenn jetzt Joaquin Cuadra Lacayo die Armeespitze übernimmt, dann ist dieser nicht nur ein Cousin des Präsidialamtsministers und eigentlichen Regierungschefs Antonio Lacayo – der seinerseits ein Schwiegersohn der Präsidentin ist –, sondern ebenso ein alter Sandinist und Guerillero wie Ortega. Mit Ortega geht das Symbol – das wohlüberlegte Machtgeflecht bleibt. Und Ortega wäre nicht er selbst, würde er nicht irgendwo in Nicaraguas Politik wieder auftauchen – als Taktiker und graue Eminenz im Hintergrund. Wie immer. Bernd Pickert
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