Achtjährige greifen zu den Waffen – zumindest im bayerischen Schützenverein

München (taz) – Es ergeht ihnen wie den Gewerkschaften und Parteien. Die bayerischen Sportschützen suchen händeringend Nachwuchs. Von den 460.294 Mitgliedern des Bayerischen Sportschützenbundes (BSSB) sind nämlich gerade mal 16,3 Prozent unter einundzwanzig Jahre alt, gar nur 5 Prozent sind Schüler im Alter von bis zu vierzehn Jahren. Bei diesem akuten Notstand scheuen die Bayern nun nicht davor zurück, eine Änderung des deutschen Waffengesetzes zu fordern. Endlich sollen auch die Achtjährigen waffentauglich werden.

Mitglied im Schützenverein kann zwar theoretisch auch ein Neugeborenes werden, in der Regel aber werden erst dann Mitgliedsbeiträge berappt, wenn die dem Schießen Zugeneigten auch an den Schießstand dürfen. Im Text zur Ersten Verordnung zum Waffengesetz heißt es aber: „Kindern unter zwölf Jahren darf das Schießen mit Schußwaffen nicht gestattet werden.“ Genau darin sehen die bayerischen Schützen einen Wettbewerbsnachteil. Bis zum zwölften Lebensjahr seien Buben und Mädchen längst in anderen Vereinen organisiert – und die bayerischen Schützen-Gaue hätten das Nachsehen.

Ein Einsehen mit den von Überalterung geplagten „Königlich Privilegierten Feuerschützen“ hatte bislang wenigstens das bayerische Innenministerium. Es genehmigte ein vom Verband der Bayerischen Sportschützen vorgeschlagenes Pilotprojekt, wonach erstmals in der Bundesrepublik auch Achtjährigen das Schießen mit Luftdruck-, Federdruck- und CO2-Waffen erlaubt ist.

In moralische Argumentationsnöte scheint niemand zu kommen. Schließlich stünden die Knirpse in ihren Vereinen immer unter fachkundiger Anleitung und zuverlässiger Aufsicht. Um Gefahrenmomente auszuschließen, sei die Begleitung durch Erwachsene zum und vom Schießstand ohnehin vorgeschrieben. Daß dem einen oder anderen „Dreikäsehoch“ in seinem GAU auch mal ein Schuß danebengehen könnte, dieser größte anzunehmende Unfall scheint als Restrisiko vernachlässigt zu werden. Sogar Schützenverbände aus dem Saarland, aus Baden-Württemberg, Hessen und Berlin haben bereits ihr Interesse an einem vergleichbaren Projekt bekundet.Manuela Knipp-Dengler

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