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Bayern poltert gegen Václav Havel

Der Freistaat unterstützt die Position der Sudetendeutschen Landsmannschaft / Die Hardliner in den Vertriebenenverbänden erhalten Auftrieb / Landsmannschaft dankt artig  ■ Aus Nürnberg Bernd Siegler

Die Sudetendeutsche Landsmannschaft (SL) ruft – und die bayerische Staatsregierung ist zur Stelle. Kaum hatte die Vertriebenenorganisation die Rede des tschechischen Präsidenten Václav Havel am Freitag in der Prager Karls-Universität harsch kritisiert, fährt die bayerische Staatsregierung schwere Geschütze gegen den Nachbarstaat auf.

Havels Äußerungen, wonach in der Nazi-Zeit ein „großer Teil der Bürger deutscher Nationalität versagt“ hätten, hält der Ministerrat des Freistaats schlichtweg für „unhaltbar“. Dieser erneute „Vorwurf einer Kollektivschuld“ sei „kein Beitrag zur Verständigung zwischen Sudetendeutschen und Tschechen“, betonte die Ministerriege. Havels Äußerungen seien „enttäuschend und nicht zukunftsgerichtet“. Sie drohten die „Aussöhnung zu behindern“.

Artig bedankt sich die Führung der Landsmannschaft für die klaren Worte aus der Landeshauptstadt München. „Die Stellungnahme der Staatsregierung ist hervorragend“, schwärmt Konrad Badenheuer, Pressesprecher der SL. Dies komme jedoch nicht von ungefähr. „Wir haben sie intern initiiert“, räumt Badenheuer ohne Umschweife ein und verweist darauf, daß schließlich mit dem ehemaligen Staatsminister Franz Neubauer der Chef der Landsmannschaft im CSU-Vorstand sitze.

Schon 1954 hatte der Freistaat die Schirmherrschaft über die sudetendeutsche Volksgruppe übernommen. Urkundlich sicherte man der Landsmannschaft 1962 zu, daß man die „Volksgruppe als einen Stamm unter den Stämmen Bayerns“ betrachte, sich zum „Heimat- und Selbstbestimmungsrecht der Sudetendeutschen“ bekenne und die Landsmannschaft bei der „Wahrnehmung ihrer Aufgaben fördern“ werde. So auch dieses Mal.

Doch SL-Sprecher Badenheuer hat noch einen weiteren Grund, sich zu freuen. Die Rede von Havel habe „uns einen großen Dienst erwiesen für die Einheit und Geschlossenheit der Volksgruppe“. Nachdem der tschechische Präsident im Januar 1990 sich für die Vertreibung entschuldigt hatte, haben die gemäßigten Teile der Sudetendeutschen Auftrieb bekommen. Sie verknüpften die Entschädigung tschechischer NS-Opfer nicht sofort mit Gegenforderungen, sondern setzten vielmehr auf Gesten der Versöhnung.

Auch Peter Becher vom Adalbert-Stifter-Verein vertritt diese Position. Er befürchtet jetzt, daß sich nach dieser Rede des tschechischen Präsidenten die „Hardliner bestätigt fühlen“. „Das Schlimmste wäre, wenn man jetzt wieder nurmehr die ganz harten Standpunkte einehmen würde, und dies ist zu befürchten.“

Becher hält die Rede Havels zwar auch für „bedauerlich“, will sie aber nicht als „letztes Wort“ betrachten. Man müsse sich jetzt eben „verstärkt um Verständigung bemühen“.

Auch Franz Olbert, Generalsekretär der Ackermann-Gemeinde, warnt vor vorschnellen Schlüssen. Die Ackermann-Gemeinde ist die „sudetendeutsche Gesinnungsgemeinschaft“, die sich schon mehrfach gegen die Politik der SL gestellt hat.

Pressesprecher Badenheuer nennt die Gemeinde die „versöhnlerischste“ Gruppe innerhalb der Sudetendeutschen. Olbert betrachtet Havels Rede „gemischt“. Es bedürfe erst einer „genauen Analyse“, bevor man feststellen könne, „was ist weiterführend und was nicht“.

Für die Landsmannschaft keine Frage. Teile von Václav Havels Erklärung sind für sie „mehr als nur Stolpersteine auf dem Weg nach Europa“. So heißt es in der Erklärung der Sudetendeutschen Landsmannschaft.

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