: Probleme groß, Lösungen klein
■ Bewohner und Verwaltung wollen Asylschiff-Leben erträglicher machen
Was tun, wenn ein Teil der Flüchtlinge auf dem Asylschiff „Embrica Marcel“ im Gröpelinger Kohlehafen regelmäßig das Mittagessen wegen der späten Unterrichtsstunden verpaßt? Man redet mit der Schule, damit sie früher gehen können. Und wenn sich die Bewohner über die Zubereitung des Essens beschweren, die ausgebildeten Köche unter den Flüchtlingen aber mangels Behördenpapieren nicht in der Küche arbeiten dürfen, dann läßt man sie eben den angestellten Küchenchefs über die Schulter schauen. So sehen Lösungsvorschläge für kleine und alltägliche Probleme auf dem Gröpelinger Asylschiff aus, die Anfang der Woche bei einem Treffen zwischen Bewohner-Komitee, Verwaltung und Sozialbehörde gefunden wurden. „Ein guter Anfang“, meint Heiko Hergert von der Sozialbehörde zu den Treffen, die demnächst regelmäßig stattfinden sollen – doch die wirklich großen Probleme konnte die Konferenz nicht lösen.
Denn die Bewohner hatten neben solch kleinen Schritten auch große Veränderungen ihrer Lage gefordert: Niemand sollte länger als sechs Monate auf dem Schiff zubringen, mehr Taschengeld, Fahrkahrten für den ÖPNV, Verbesserunng des Code-Schlüssels zum Schiff, keine Zimmerkontrolle. Die Umsetzung dieser Forderungen scheiterte jedoch an Asylverfahrensgesetzen oder am Geld. So schreibe das neue Asylrecht die Unterbringung von Asylbewerbern während der ersten 12 Monate in Sammelunterkünften vor, meinte Hergert. Allgemein sei die Situation immer noch schwierig, da die Bürgerkriegsflüchtlinge aus Bosnien unterzubringen seien. Über Fahrkarten für Bus uns Bahn soll es Verhandlungen geben, sicherte der Kapitän der „Embrica Marcel“, Herbert Herweck, zu. Die Gültigkeit der Codeschlüssel könne man nicht unbegrenzt verlängern, weil durch die Anwesenheitspflicht die Flüchtlinge bei eiligen Entscheidungen ihrer Asylverfahren zu Verfügung stehen müßten. Zimmerdurchsuchungen müßten allein schon aus hygienischen Gründen immer mal wieder sein: Immer wieder horteten die Bewohner zum Beispiel verdorbene Lebensmittel, meinte der Kapitän. Und zwei weitere Kartentelefone – wie gefordert – stelle die Telekom nicht auf, weil sie dann pro Gerät weniger Geld einnehme.
An der Funktion des umstrittenen Asylschiffes will die Sozialbehörde aber nicht rütteln: „Wir brauchen das Schiff“, meint Behördensprecher Wolfgang Beyer. Mit 375 von 400 Plätzen sei die schwimmende Sammelunterkunft fast völlig ausgelastet. Selbst wenn Bremen die Flüchtlinge dezentral unterbringen wolle, fehle derzeit dazu der Wohnraum: Mit dem Rückgang der Asylbwerberzahlen wurden von den insgesamt 50 Standorten die schlimmsten 12 aufgegeben. „Wir sind momentan ausgebucht, große Reserven haben wir nicht mehr“, meint Beyer.
„Es stimmt, auf das Schiff können wir momentan nicht verzichten“, sagt auch die grüne Sozialpolitikerin Karoline Linnert, „aber nur, weil vorher Fakten geschaffen worden sind.“ Gegen den Koalitionsvertrag und trotz eines absehbaren Rückgangs der Asylbewerberzahlen sei 1993 das Schiff gemietet worden – bezahlt für die Dauer von fünf Jahren, egal, ob es belegt ist oder nicht. Aus dem Vertrag komme man jetzt nicht mehr raus. Aber im Gegensatz zu kleinen Unterkünften mit Selbstversorger-Möglichkeiten sei eine solche Massenunterkunft immer noch „teuer, dumm und grausam.“ gl/bpo
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