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Chinas BürgerrechtlerInnen erheben die Stimme

■ Petitionen an den Volkskongreß: Gegen Korruption und Ein-Parteien-Diktatur

Peking (dpa) – Chinesische Dissidenten und Intellektuelle haben die Politiker des Landes erneut zum Kampf gegen die Korruption aufgefordert und sich für die Wahrung der Bürgerrechte und ein Mehrparteiensystem eingesetzt. In einem mutigen Schritt richteten zwei Gruppen jeweils eine Petition an den nächste Woche tagenden Nationalen Volkskongreß, das chinesische „Parlament“. Gleichzeitig wurde gestern in Peking ein Schreiben bekannt, in dem der prominente Dissident Xu Wenli eine Neubewertung der blutig niedergeschlagenen demokratischen Proteste von 1989 und ein Ende der KP-Diktatur fordert.

Xu Wenli saß zwölf Jahre wegen seiner Rolle in der Demokratiebewegung von 1978/79 im Gefängnis, kam im Mai 1993 frei und lebt seitdem unter strenger Überwachung. Er rief die Regierung zum Dialog auf. Sollte die Kommunistische Partei ihre Macht nicht freiwillig abgeben, müßten sich die demokratischen Kräfte zu einem gewaltlosen Kampf gegen die Ein- Parteien-Diktatur zusammenschließen.

„Ob die Korruption wirksam bekämpft werden kann oder nicht, ist einer der Schlüssel zur Frage, ob die Gesellschaft Stabilität wahren kann oder ob die Reformen vertieft werden können“, heißt es auch in dem Appell von zwölf Bürgerrechtlern an den Volkskongreß. Unter ihnen sind der im Mai 1994 freigelassene Dissident Chen Ziming und zwei ehemalige Redakteure des Parteiorgans Volkszeitung. Sie fordern eine unabhängige Untersuchung der Korruption durch eine gewählte Kommission des Volkskongresses, die Partei und Regierung überwachen soll. Die Kontrolle der Partei über das Justizsystem und über die Medien müsse beseitigt werden. Langfristig werden freie Wahlen, eine konstitutionelle Demokratie und Gewaltenteilung angestrebt.

In einer weiteren Petition klagen 23 Unterzeichner, darunter der ehemalige Studentenführer von 1989, Wang Dan, und der Dissident Liu Nianchun, den Schutz der Bürgerrechte ein. Anhand von drei Fällen schildern sie Mißbrauch von Polizeigewalt, das Abschieben eines politisch mißliebigen Christen in eine psychiatrische Anstalt und wie ein Verlag das Buch eines Autors nicht veröffentlichen will. Der Volkskongreß solle sich dieser Personen annehmen, soziale Gerechtigkeit sichern und grundlegende Menschenrechte schützen.

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