: Wissenschaftssenator spart Kunst am Bau
■ An der HdK werden Architekten und Pädagogen gestrichen Offiziell wird die „Giftliste“ erst nächste Woche präsentiert
Die Fachbereiche Architektur sowie Erziehungs- und Gesellschaftswissenschaften an der Hochschule der Künste (HdK) sind von der Schließung bedroht. Beide Fächer werden voraussichtlich auf der „Giftliste“ der Studiengänge stehen, die Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) dem Abgeordnetenhaus zur Einstellung vorschlägt. Das sagte der Senator am Montag in einem vertraulichen Vier-Augen-Gespräch dem HdK-Präsidenten Olaf Schwencke, wie dessen persönlicher Referent Olaf Gehrke der taz bestätigte.
Bis zum 31. März muß Erhardt Vorschläge machen, wie er die vom Parlament geforderten 158 Millionen Mark einsparen kann. Dazu sollen Studiengänge gestrichen werden, die es an mehreren Berliner Hochschulen gibt. Seit seinem Treffen mit allen vier Uni- Präsidenten am 2. Februar führte der Senator Einzelgespräche mit den Uni-Leitern. Über deren Inhalt hatten die Beteiligten Stillschweigen vereinbart. Erst nach einer abschließenden Runde am Montag soll die „Giftliste“ der Öffentlichkeit präsentiert werden.
„Architekten sind ins öffentliche Leben verwoben“, erklärte Dekan Peter Bayerer, warum nach monatelanger Geheimniskrämerei um die Sparpläne just sein Fachbereich erstmals konkrete Pläne öffentlich machte. „Wir haben mit dem Senator kein Schweigeabkommen.“ Auch die Studierenden nannten eine Auflösung ihres Fachbereichs in einem offenen Brief „absurd“ und „kurzsichtig“. Trotz der vorlesungsfreien Zeit läuft der Protest bereits auf Hochtouren. Ein Aktionskomitee will die Berliner Architekten mobilisieren und am 14. März in der Galerie Aedes eine öffentliche Diskussion veranstalten, für die mit Julius Posener einer der prominentesten Ex-Professoren sein Kommen zugesagt hat.
Für Bayerer sind die beiden Architektur-Studiengänge an HdK und TU nicht als „Doppelangebot“ einzustufen. Architektur habe „auch was mit Kunst zu tun, nicht nur mit Technik“. Der HdK- Fachbereich sei durch den künstlerischen Bezug „eine singuläre Einrichtung über Berlin hinaus“. Bundesweit einzigartig sei auch, daß die Studienplätze nicht nach dem Abiturdurchschnitt, sondern über eine Aufnahmeprüfung vergeben würden, so daß künstlerisch Hochbegabte auch mit schlechtem Abitur eine Chance hätten. Der Studiengang, dessen erster Abteilungsleiter Max Taut war, sei 1945 als „bewußte Neugründung im politisch unbelasteten Raum“ geschaffen worden und sei „noch ein Stück Bauhaus“ mit seiner Verbindung von Kunst, Wissenschaft und Praxis.
„Der Wissenschaftsstandort Berlin ist in Gefahr“, warnten unterdessen ProfessorInnen der Berliner Universitäten. Die Erklärung, die vom Historiker Heinrich August Winkler angeregt und vom Akademischen Senat der Humboldt-Universität einstimmig beschlossen wurde, haben inzwischen ungefähr hundert ProfessorInnen unterschrieben. Darin heißt es, mit der Parole „Abbau von Doppel- und Mehrfachangeboten“ werde „der Fehler der DDR-Hochschulpolitik – nämlich Konzentration und Zentralisierung – wiederholt“. In der Studienplatzdichte rangiere Berlin hinter München, Paris, London oder New York. Ralph Bollmann
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