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Streit um Abtreibungsgesetz

■ Bei der Anhörung der Bündnisgrünen zum Paragraphen 218 fordern die Partei-Fundis, den Gesetzentwurf zurückzuziehen

Bonn (taz) – Die einen sprechen von „Mitgestaltung“ und verfolgen eine Politik des Machbar-Möglichen. Die anderen kritisieren dies als „Selbstbeschneidung“ und fordern Fundamentalopposition. Die Fronten beim parteiinternen Streit der Bündnisgrünen um den Abtreibungsparagraphen 218 bleiben weiterhin starr. Dies wurde einmal mehr bei der gestrigen Anhörung der Bundestagsfraktion der Bündnisgrünen deutlich. Auseinandergenommen wurde dabei die 218-Linie der Bundestagsfraktion, die vor allem von den Realas Kerstin Müller und Rita Grießhaber geprägt wird.

Die Fraktion hatte im Februar einen Gesetzentwurf zum Abtreibungsrecht in den Bundestag eingebracht, gleichzeitig aber auch die völlige Streichung des 218 gefordert. Diese Zweigleisigkeit wurde gestern von bündnisgrünen Politikerinnen harsch angegriffen. Monika Knoche, selbst Mitglied der Bundestagsfraktion, und Petra Münze, Abgeordnete im bayerischen Landtag, sprachen sich dafür aus, den Gesetzentwurf zurückzuziehen. Gleiches hatte bereits der Berliner Landesverband im Januar gefordert. Sie werde kämpfen, daß dies nicht geschieht, entgegnete natürlich sofort Kerstin Müller. Zwangsverfahren bleibe Zwangsverfahren, aber man müsse alles herausholen, um dieses so menschlich wie möglich zu machen, sagte die Fraktionssprecherin. Müllers Dialektik bezog sich dabei auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das 1993 die ein Jahr zuvor verabschiedete Neuregelung des 218 beanstandet und unter anderem eine Pflichtberatung mit engen Vorgaben vorgeschrieben hatte. Das zweigleisige Vorgehen erwecke zudem den Anschein, daß sich die Grünen nicht entscheiden könnten, ob sie nur Spielräume ausloten oder sich darüber hinwegsetzen wollten, kritisierte Dagmar Oblies vom saarländischen Frauenministerium.

Neben dieser Generalkritik wurden gestern auch die konkreten Regelungen des Gesetzentwurfs der Fraktion zerpflückt. Während im Begründungsteil Radikalfeminismus postuliert werde, „damit alle ruhig sind“, so Oblies, lasse das eigentliche Gesetz zu wünschen übrig. Stein des Anstosses der Kritikerinnen ist etwa der Begriff „Beratung“. Er wirke vor allem für Frauen aus dem Osten diskriminierend, meinte Tatjana Böhm vom Frauenministerium des Landes Brandenburg. Als Hohn gar empfinde sie die Formulierung im grünen Entwurf, der sich auf die Frauen aus den neuen Bundesländern bezöge: „Für sie war nach der Vereinigung erstmals die Möglichkeit gegeben, sich freiwillig über Verhütung und Sexualität (...) zu informieren.“

Ein Gegenentwurf der nordrhein-westfälischen Grünen Carola Schewe ersetzt den Begriff „Beratung“ durch „Unterweisung“, womit stärker das Selbstbestimmungsrecht der Frau betont werden soll. Bereits das Bundesverfassungsgerichtsurteil habe mit dem Terminus „Beratung“ die Vermeidbarkeit der Schwangerschaft und damit eine Schuldzuweisung an die Frau impliziert. Kritik erntete auch der Zeitpunkt der Anhörung. Nachdem die Gesetzentwürfe schon längst auf dem Tisch seien, gleiche die Veranstaltung eher einem „politischen Frauenturnen“, ärgerte sich – nicht ganz zu Unrecht – etwa Dagmar Oberlies. Myriam Schönecker

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