: Kurzzeittherapie für den Dollar
■ Zentralbanken kauften gestern knapp eine Milliarde Dollar, um die US-Währung über die 1,45-Mark-Hürde zu bringen / Abwärtstrend vermutlich nur unterbrochen
New York/Berlin (dpa/rtr/taz) – Die US-amerikanische Währung ist so schlapp, daß sich mehrere Zentralbanken zu einer Stützungskauf-Therapie genötigt sahen. Allein die deutsche Bundesbank orderte rund 500 Millionen Dollar, und 14 andere europäische Zentralbanken kauften ebenfalls haufenweise grüne Scheine auf. Auch Japan und die US-Notenbank Fed beteiligten sich an der Aktion. Immerhin gelang es mit der knappen Milliarde, die US-Währung wieder über die kritische Marke von 1,45 Mark zu hieven, nachdem sie am Vorabend in New York für 1,4415 gehandelt worden war.
Aber Marktbeobachter halten die Intervention für zu gering, um die Talfahrt der US-Währung tatsächlich zu stoppen. Im vergangenen Juni bei der letzten internationalen Hilfsaktion waren schätzungsweise fünf bis sechs Milliarden Dollar aufgekauft worden. Der Dollar steht unter Dauerdruck. Die US-Devise ist innerhalb der letzten zwölf Monate gegenüber der Mark um rund 27 Pfennig oder fast 16 Prozent und gegenüber dem japanischen Yen um neun Prozent gefallen. Damit steht er gegenüber dem Yen so schlecht da wie noch nie.
Während Yen und Mark als sichere Häfen gelten und damit immer weiter in ihrem Wert steigen, meiden die Anleger den US-Dollar, den kanadischen Dollar und den mexikanischen Peso sowie schwache westeuropäische Währungen wie die spanische Pesete und die italienische Lira. Die D- Mark sei die internationale Fluchtwährung, frohlockte Finanzminister Theo Waigel gestern, derweil das japanische Kabinett wegen der immer schwierigeren Exportsituation eine Krisensitzung einberief.
Vor allem die Mexiko-Wirtschaftskrise hat die USA an den Devisenmärkten in Verruf gebracht. Das Mexiko-Debakel erhöht die US-Einfuhren aus dem mittelamerikanischen Land und reduziert die Ausfuhren. Außerdem wird US-Präsident Bill Clinton den US-Hilfsbeitrag von 20 Milliarden Dollar für Mexiko aus dem Interventionsfonds für den Devisenmarkt finanzieren, der momentan nur 36 Milliarden Dollar in der Kasse hat. Damit hat er zwar eine Abstimmung im Kongreß umgangen, sich aber das Mißtrauen der Devisenmärkte eingehandelt.
Hinzu kommt, daß US-Notenbankchef Alan Greenspan in den letzten Tagen in Kongreßhearings angedeutet hatte, daß die seit zwölf Monaten andauernden scharfen Zinssteigerungen möglicherweise beendet sind. Das war den Spekulanten ein deutliches Zeichen: Denn ohne steigende Zinsen ist der Dollar noch unattraktiver als jetzt schon. aje
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