piwik no script img

Preag bringt die Stadtwerke auf Trab: 6,5% Rendite versprochen

■ Interne Betriebsrats-Papiere sehen Sparpotential von 60-100 Mio im Jahr / Gutachter: Die alte Unternehmensführung ist dazu aber „nicht in der Lage“

In diesen Tagen laufen streng vertraulich die Verhandlungen um den Verkauf der Stadtwerke-Anteile. Zweierlei steht dabei so gut wie fest: Die Veba-Tochter Preag bekommt ihr 24,9-Prozent-Paket und im Vertrag eine Gewinn-Garantie von 6,5 Prozent zugesichert.

In den letzten Jahren wirtschafteten sich die Stadtwerke unter der unternehmerischen Führung der Stadt Bremen auf eine Rendite unter 2 Prozent herunter. Eine Ertragssteigerung wäre allerdings möglich: Stadtwerke-Gutachter von der HBS aus München sehen Einspar-Potentiale zwischen 60 und 100 Millionen jedes Jahr.

Die Zusicherung der Rendite ist nötig, denn die Stadtgemeinde will wesentliche Aktienpakete verkaufen. Würde Bremen die Rendite-Garantie ablehne, dann würde der Kaufpreis erheblich sinken. Denn solange die Mehrheit der Anteile bei einem Gesellschafter wie der Stadtgemeinde Bremen liegt, der nicht auf Rendite angewiesen ist, würde ein Privatunternehmen mit einem Einstieg bei den Stadtwerken das Risiko eingehen, ein schlechtes Geschäft zu machen.

Schon im September 1994 ist mit dem ersten noch groben Ertragswertgutachten für die Stadtwerke in einer Modellrechnung durchgespielt worden, was das für die Stadtwerke bedeutet, wenn für 49,8 Prozent der Anteile (ca. 650 Millionen) für zwei private Gesellschafter eine Dividende von 6-7 Prozent gezahlt werden muß: Über 40 Millionen Mark Gewinn jährlich müssen zusätzlich erwirtschaftet werden.

Im Herbst 1994 wurde dann ein Münchener Unternehmensber5zter HBS engagiert, der seitdem die Stadtwerke auf ihre Rentbilität hin durchleucht. Was die Gutachter herausfanden und was seit dem Januar dieses Jahres von innerbetrieblichen Arbeitsgruppen diskutiert wird, ist ein verheerendes Zeugnis: Auf den Führungsebenen der Stadtwerke herrscht eine „individualistische Mißtrauenskultur“, Entscheidungsprozesse sind viel zu bürokratisch organisiert. Deshalb fehle es an der erforderlichen „Verantwortung für die Leistungserstellung“. Die Unternehmensführung wird von den Unternehmensberatern schlicht für unfähig und beratungsresistent erklärt: „Aus eigener Kraft scheint der Vorstandskreis der Stadtwerke nicht in der Lage zu sein, die kostenseitig erforderlichen Verbesserungen zu realisieren“.

Auf 10 Prozent der Beschäftigten quer durch alle Bereiche könnte verzichtet werden, fanden die HBS-Leute. Allein im Vorstandsbereich sitzen 50 Leute zuviel herum. Fremdleistungen könnten günstiger bezogen werden (Sparpotential: 7 Mio). Mit Überstunden wird geaast (Sparpotential: 1 Mio). Fuhrpark, Kantine, Gebäudereinigung und Werksschutz werden von Frendfirmen billiger angeboten (Sparpotential: 3-4 Mio). Kurz: Es herrsche vom Pförtner bis zum Vorstand eine „ineffiziente Arbeitsweise“, eine „grundlegende Umstrukturierung“ sei erforderlich, Kostenentlastung zwischen 60-100 Millionen im Jahr sind möglich, und 2/3 der Maßnahmen wären sogar schon im laufenden Jahr 1995 umsetzbar.

Der Betriebsrat hat diese Diagnose ohne großen Aufstand zur Kenntnis genommen. kein Wunder: Die Unternehmensberater beziehen ihre Erkenntnisse im wesentlichen aus dem, was die von ihnen befragten leitenden MitarbeiterInnen ihnen erklären. Und die MitarbeiterInnen eines Unternehmens wissen in der Regel am besten, wie es intern aussieht. „Wenn das tatsächlich so sein sollte, fragt man sich, warum es erst jetzt angegangen wird“, steht lakonisch in einem internen Betriebsrats-Papier. Kein Widerspruch gegen die Diagnose.

Und dann formuliert der Betriebsrats neben den „Risiken“, wenn 10 Prozent der Belegschaft abgebaut werden sollen, gleich die „Chancen“, und will mittun. „Interessenausgleich“ ist das Lockwort des Betriebsrates, das bedeutet: Wenn die, die im Unternehmen bleiben, bei der effektiveren Arbeitsorganisation mitmachen, fällt für sie dabei was ab. Zum Beispiel hat die Preag ein deutlich höheres Tarifgefüge für ihre MitarbeiterInnen. So stehen in dem Betriebsräte-Papier Stichworte wie „Höhergruppierungsgarantie“ und „Qualifizierungsmaßnahme“ als Beispiele für die „positiven Elemente, die eine solche Reorganisation für die verbleibenden Beschäftigten“ enthalten.

Die Beschäftigten der Stadtwerke haben also nichts gegen einen Anteilsverkauf an die Veba/Preag, wenn er denn mit einem „geeigneten Interessenausgleich“ einhergeht. Wenn man das Zahlenwerk einmal grob überschlägt, dann macht es auch einen Sinn: wenn ein Anteilseigner für seine 650 Mio jährlich 46 Mio Dividende kassieren will und wenn die angepeilten Einsparpotentiale von 60 Mio realisiert werden, dann bleibt durchaus ein Spielraum für eine spürbare Erhöhung des Personalkostenbudgets für 2.700 verbleibende Stadtwerke-Mitarbeiter. K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen