piwik no script img

Das Lied ist simpel

■ arte-Themenabend Aids: "Afrique, mon Afrique"

Mit der Aids-Aufklärung haben sich auch die Filme zum Thema verändert, und so handelt der Themenabend auf arte (siehe auch Foto links) mehr von der Liebe als vom Tod. In „Afrique, mon Afrique“ von Idrissa Ouedraogo scheint die Krankheit alle Lebensbereiche zu berühren. Idrissa Ouedraogo, dessen „Samba Traor“ 1993 mit dem silbernen Bären ausgezeichnet worden war, porträtiert in seiner Story über einen Highlife- Musiker, der Popstar werden will und schließlich als Sänger für eine Aids-Kampagne Erfolg hat, gleich den Alltag an der Elfenbeinküste mit. Aids existiert auf dem Dorf ebenso wie in den städtischen Randzonen und Bordells.

Eugène, ein fliegender Zigarettenhändler, lebt trostlos auf dem Land und träumt von einer Karriere als Schlagersänger. Doch zunächst hat auch in der Hafenmetropole Abidjan keiner auf den Nachwuchsmusiker gewartet – eher schon auf seinen Vetter, der immerhin eine Weiße geheiratet hat und mit ihr nach Spanien gegangen ist. Statt dessen wohnt Eugène bei der Prostituierten Kassi und muß sein Geld mit Schuheputzen verdienen. Manchmal geht er tanzen, dann wieder regnet es stundenlang träge auf die Straße vor seinem Fenster herab.

Glücklich wird der vermeintliche Popstar dabei nicht: Als er Kassi zu sehr auf den Leib rückt, wirft sie ihn kurzerhand aus der Wohnung. Ein befreundeter Schuhputzer besorgt ihm eine notdürftige Bleibe und verkuppelt den Gestrauchelten mit seiner Cousine. Später kommen die beiden dann kichernd und verwuschelt aus der Hütte. Weich fließen die Bilder ineinander und wie in Pier Paolo Pasolinis Geschichten treiben die Menschen im Geschehen mit. Männer waschen fröhlich ihre Wäsche am Fluß, Paare bilden sich durch ein freches Augenzwinkern.

Daß der Film von Aids und den katastrophalen Folgen selbst an der eigentlich hoch zivilisierten Elfenbeinküste handelt, bricht nur nebenbei herein. Plötzlich wird vor der Disco für Präservative geworben, und die Straßen sind mit Aufklärungspostern plakatiert. Unvermittelt sieht man Aids-Aktivisten Gummis aufblasen, um die Strapazierfähigkeit zu beweisen. Dazu wird gesungen und getanzt.

Trotzdem kippt der sorglos spielerische Umgang mit der Prävention ebenso drastisch in schwere Passagen der Verzweiflung um: Kassi stirbt binnen weniger Wochen an Aids, nachdem sie ohne Schutz mit einem Freier geschlafen hat, der ihr dafür das Dreifache bezahlte. Vom Tod der Freundin aufgerüttelt, beschließt Eugène, sein Leben zu ändern und für alle Opfer zu singen: „Hallo! Hallo! Wie geht es dir?“ Das Lied ist simpel und hat Erfolg, trotz oder wegen Aids. Harald Fricke

Idrissa Ouedraogo: „Afrique, mon Afrique“ (OmU), 22.45 Uhr, arte

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen