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Argentinien befürchtet mexikanische Zustände

■ Eine Soforthilfe des IWF soll das Land vor Zahlungsschwierigkeiten bewahren

Rio de Janeiro (taz) – Nach der Krise in Mexiko macht sich nun das Phantom der Zahlungsunfähigkeit auch in Argentinien breit. Um das Schlimmste abzuwenden, hat das Land am Samstag eine Soforthilfe des Weltwährungsfonds (IWF) in Höhe von 420 Millionen US-Dollar angenommen.

Die Summe entspricht dem letzten Drittel eines 1,2-Milliarden- Dollar-Kredits, den die Regierung vor einem Jahr mit dem Weltwährungsfonds ausgehandelt hatte. Wegen vereinbarungswidrig anhaltendem Staatsdefizit hatte der IWF die Auszahlung verzögert. Doch schon die Ankündigung eines Sparprogramms stieß auf heftige Kritik im Inland. Offenbar wollte der IWF der krisengeschüttelten Regierung nun doch unter die Arme greifen.

Die Wirtschaftsreform, die unter anderem die Erhöhung der Mehrwertsteuer für kommerzielle Vermietungen auf 18 Prozent vorsieht, die Löhne für Militärs und Beamte schmälert und öffentliche Investitionen zusammenstreicht, platzt mitten in den Wahlkampf. Während der 65jährige Menem, Favorit bei den Präsidentschaftswahlen am 14. Mai, Investitionen in Höhe von 55 Milliarden Dollar verspricht, beharrt Wirtschaftsminister Cavallo auf Einsparungen. „Wir werden alles Notwendige unternehmen, um die Kreditwürdigkeit Argentiniens zu sichern“, stellt Cavallo klar. Steuerhinterziehungen würden bekämpft und weitere staatliche Firmen privatisiert.

Cavallo hatte im April 1991 den argentinischen Peso im Wert von eins zu eins an den US-Dollar gekoppelt und dadurch die Inflation auf jährlich rund neun Prozent gesenkt. Vier Jahre danach sind die Devisenreserven von 30 Milliarden auf 13,7 Milliarden Dollar zusammengeschrumpft. Nach Schätzungen der Weltbank summieren sich die Verpflichtungen gegenüber internationalen Kreditgebern (sechs Milliarden) sowie die negative Handelsbilanz (fünf Milliarden Dollar), allein in diesem Jahr auf elf Milliarden Dollar. „Die Wirkung der IWF-Hilfe ist fraglich“, meint José Julio Senna, ehemaliger Direktor der argentinischen Zentralbank. Argentinien könne seine Handelsbilanz nur durch eine Abwertung des Peso ausgleichen. Doch nach Mexiko verlassen nun die spekulativen Geldströme auch Argentinien. Vor den Wahlen meint Senna, sei eine Änderung des Wechselkurses ausgeschlossen.

Brasiliens Präsident Cardoso befürchtet, daß der Devisenhändel weitere Länder in die Krise treiben könnten. Er sagte vor der Lateinamerika-Wirtschaftskommission der UNO „weder IWF noch Weltbank können den Weltmarkt kontrollieren“. Gegenüber massiver Spekulation seien die vor der Computer-Ära gegründeten Institutionen machtlos. Astrid Prange

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