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Bund soll Geld nicht aus dem Flugzeug werfen

■ Rechnungshof warnt Bonn vor Großflughafen: Privatisierung in Frankfurt und München würde erschwert

Der geplante Großflughafen südlich von Berlin gerät immer mehr unter Beschuß. Jetzt warnt der Bundesrechnungshof die Bundesregierung sogar davor, daß der Mega-Airport „die Ziele gefährden könnte, die der Bund mit seinen bisherigen Beteiligungen an den Betreibergesellschaften“ der Flughäfen Frankfurt am Main und München II sowie „seinen nicht unerheblichen Finanzhilfen“ verfolgt habe. Die Bundesregierung will die staatlichen Gesellschafteranteile an private Investoren verkaufen. Doch mit einer Abwanderung von Airlines zum Berliner Großflughafen würden Frankfurt und München in ihrem Wachstum und ihrer Wettbewerbsfähigkeit eingeschränkt. Ergebnis: „Die mögliche Privatisierung der Bundesanteile würde erschwert“, heißt es in einem vertraulichen Bericht des Bundesrechnungshofs. Die Kritik ist offenbar sehr ernst gemeint. Denn die Kontrolleure fragen indirekt, ob die Bundesregierung nicht besser aus der Berlin Brandenburger Flughafen Holding (BBF) aussteigen sollte. Im Bericht wird nämlich eine Prüfung darüber empfohlen, „ob das mit der Beteiligung an der BBF verfolgte Interesse des Bundes möglicherweise seinen Interessen, die er mit der Beteiligung an anderen Flughafengesellschaften verfolgt, zuwiderlaufen könnte“.

Der Bund ist mit 26 Prozent, Berlin und Brandenburg mit jeweils 37 Prozent an der Holding beteiligt, der die Flughäfen Tegel, Tempelhof und Schönefeld unterstehen. Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) läßt die in dem Bericht geäußerten Bedenken prüfen, bestätigte der Sprecher des Ministeriums, Veit Steinle.

Die von Bundesrechnungshof außerdem geäußerten Vorwürfe, das Brandenburger Umweltministerium habe die Beurteilung der Standorte für einen Großflughafen manipuliert, wies dessen Staatssekretär Rainer Speer zurück. In dem Raumordnungsverfahren, das Schönefeld-Süd die größten Nachteile und Sperenberg die meisten Vorteile einräumt, sei objektiv geurteilt worden. Der Bundesrechnungshof bemängelt dagegen, daß die Alternative Schönefeld-Süd „nicht chancengleich“ geprüft worden sei. Der Vorteil eines stadtnahen Standorts, bei dem die „Wirtschaftsaktivitäten“ mit jährlich 500 Millionen Mark ein Sechstel höher als bei einem stadtfernen Standort sein sollen, sei unterbewertet worden. Die Flughafenholding räumt auch ein, daß in Schönefeld gut 7.000 Arbeitsplätze mehr entstünden als in Sperenberg. Auch dieses war in Platzecks Raumordnungsverfahren verfälscht dargestellt worden, weil der Standort Schönefeld nicht den Brandenburger Interessen entspricht.

Ein Nachtflugverbot sei im Gutachten dagegen überbewertet worden: Die Flughafen Holding selbst aber habe der in Schönefeld geltenden Nachtflugeinschränkung „keinen Einfluß“ auf die Standortentscheidung beigemessen, da bei der Eröffnung des Großflughafens keine lauten Flugzeuge mehr in Betrieb seien. Dirk Wildt

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