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Vom Wagen aus sehr staubig

■ Und immer wieder zählt die Scholle in der Reihe „Australien – Filme von Down Under“ im Arsenal

Auf der Suche nach thematischen Zusammenhängen ist das Arsenal diesmal weit gereist. Weil filmhistorische Vollständigkeit nicht der Anspruch war, bleibt eine Handvoll Filme, die zeigen, daß es ein Filmland Australien auch jenseits internationaler Kassenknaller wie „Mad Max“ oder „Muriel's Wedding“ gab und gibt. Viel deutlicher allerdings wird, daß Down Under wie anderswo auch Filme entstehen, die sich nicht in ein einheitliches oder gar nationales Schema pressen lassen. Ein Grund dafür ist sicherlich die nicht vorhandene personelle Konstanz, da alle halbwegs erfolgreichen RegisseurInnen aufgrund fehlender Möglichkeiten in der Heimat meist schon nach ein oder zwei Filmen den Weg nach Hollywood gefunden haben.

Ein immer wiederkehrendes Motiv läßt sich dann aber doch festmachen: Die australische Landschaft, bekanntermaßen karg und unwirtlich, ist sogar Hauptdarsteller in „Back of Beyond“ (John Heyer, 1954), der in Venedig ausgezeichnet wurde. In der Dokumentar-Tradition von Robert Flaherty verfolgt der Film die Fahrt des Postboten Tom Kruse durch das Niemandsland. Die Kamera fährt ebenso ruhig wie dramatisch über endlose Sandflächen, riesige versteinerte Schnecken, Rinderskelette, über das „land of dry rivers“. Hindurch quält sich Kruse mit seinem Lastwagen, auf dem stolz das Schild prangt „His Majesty Royal Mail“. Während der Essenspausen wirft sein Gehilfe das mitgebrachte Grammophon an. Der einzige Kontakt der in der Einöde versprengten Menschen zur Außenwelt ist das Funkgerät, wo die Pickel des Nachwuchses diskutiert werden.

Das Funkgerät spielt auch in „Jedda“ (Charles Chauvel, 1935) eine Rolle. Mit ihm soll der Doktor gerufen werden, aber das Kind stirbt. Die weiße Farmerin adoptiert statt dessen ein eingeborenes Waisenkind. Dies ist fortan hin und her gerissen zwischen den beiden Kulturen, personalisiert durch den „zivilisierten“ Vorarbeiter und einen „wilden“ Buschmann, der mitten aus besagter Landschaft herausspaziert kommt. Zwischen Klavierstunden und Spurenlesen kann es keine Versöhnung geben, melodramatisch muß es enden.

Heute kann die Schwarz-Weiß- Problematik direkter und weniger dramatisch verklärt angegangen werden. In „Blackfellas“ (J. Ricketson, 1993) tauchen Weiße nur mehr als Knastwärter oder prügelnde Bullen auf. Ausnahme nur die Mutter des Mischlings, der sich entscheiden muß zwischen einem von Suff und Kriminalität, also dem System der Weißen bestimmten Leben im Slum und der Rückkehr zu den Wurzeln der Aborigines, hier repräsentiert von einer – natürlich auch wieder sehr kargen – Scholle Land, an deren Bewirtschaftung bereits sein Vater scheiterte. Selten einem solch hochgradig symbolhaften Stellvertreterkrieg im Kino beigewohnt und trotzdem unterhalten worden.

Als abschließendes Schmankerl kommt „The Last Days of Chez Nous“ (Gillian Armstrong, 1991) daher. Unser Bruno Ganz gibt einen Franzosen, der es sich einfach macht, indem er in der kleinen Schwester sucht, was er in der großen, die seine Gattin ist, verloren zu haben glaubt. Die hat wiederum ein Problem mit ihrem Vater, das gelöst werden soll während einer ausführlichen Fahrt durch die spartanische Gegend. Zwar hat dieser Film eher einen europäischen Blick, aber vom Wagen aus ist die australische Einöde auch hier wieder sehr staubig. Und die Autos fahren links. Thomas Winkler

Von 8. bis 14. 3. jeweils 20 Uhr im Arsenal, Welserstraße 25, Schöneberg, Programminformationen bitte selbst erfragen unter Telefon: 218 68 48.

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