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Frauen in der PDS

■ betr.: „Auf den Oppositions bänken lauert die Frauenfrage“, taz vom 2. 3. 95

Vielleicht sollten die PDS- Frauen im Bundestag zufrieden sein, daß sie überhaupt in der taz erwähnt werden, denn bei anderen Gelegenheiten wird ihre Arbeit und ihre Existenz in der Regel unterschlagen, selbst wenn sie einen eigenen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht haben. Aber natürlich sind sie es nicht!

Denn in diesem Artikel stimmt fast nichts: Drei der vier Arbeitsbereiche in der Gruppe der PDS werden von Frauen geleitet, die frauenpolitische Sprecherin ist Leiterin des Arbeitskreises Feministische Politik, der drei Mitarbeiterinnen (volle Stellen) beschäftigt, mehr als Bündnis 90/Die Grünen sich scheinbar leisten können. In bezug auf die „klassisch weiblichen Ressorts“ ist zu sagen, daß die Verantwortlichen für die Außenpolitik, für die Finanzpolitik, die Haushaltspolitik, die Wirtschaftspolitik, die Arbeitsmarktpolitik, die Verkehrspolitik und die Innenpolitik Frauen sind.

Und selbst wenn die Frauen in den sogenannten weiblichen Bereichen mehr vertreten wären (als wer überhaupt? Die Männer? Die Frauen in den anderen Fraktionen?), ist damit noch keinerlei Aussage über die inhaltliche Arbeit gemacht worden. Und da kann weder von der SPD noch von Bündnis 90/Die Grünen behauptet werden, sie hätten in der jetzigen Legislaturperiode bisher besonders frauenfreundliche oder gar feministische Politik betrieben. Eher ist das Gegenteil der Fall: Zum § 218 haben B' 90/Die Grünen ein Beratungsgesetz vorgelegt, das das frauenfeindliche Bild des Bundesverfassungsgerichts weitertransportiert, ihrem eigenen Programm widerspricht und in ihren eigenen Reihen auf großen Widerstand stößt. Zur Vergewaltigung in der Ehe machten die Grünen erst gar keinen eigenen Entwurf, genauso wie die CDU/CSU-Fraktion. Die SPD glänzt mit Sonderrechten für vergewaltigende Ehemänner und hat auch sonst nicht viel vorzuweisen.

Die PDS hat im gleichen Zeitraum einen Gesetzentwurf zum Schwangerschaftsabbruch vorgelegt, der auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts einen Weg aufzeigt, den § 218 abzuschaffen. Der Entwurf zur Vergewaltigung, der keinen Unterschied zwischen außerehelicher und ehelicher Vergewaltigung macht, endlich Frauen mit Behinderungen gleichstellt mit anderen Frauen, nicht nur vaginale erzwungene Penetration als Vergewaltigung bestraft, Vergewaltigungsopfer mit mehr Rechten in Prozessen versieht usw., ist der einzige Entwurf, der die Erfahrungen von Frauen in den Notrufen berücksichtigt.

Diesen Entwürfen ist von der angeblich „ahnungslosen“ Gruppe mit einer satten Mehrheit zugestimmt worden. Daran ändert auch der aus dem Zusammenhang gerissene Satz von Christina Schenk, der im Artikel zitiert wird und ein „Armutszeugnis“ für die Gruppe sein soll, nichts.

Die Grünen haben dagegen nichts erreicht: die „siegreiche“ frauenpolitische Sprecherin und Reala, die das Beratungsgesetz zu verantworten hat, verdrängte eine engagierte Feministin und feministische Politik in die Hinterbank. Die feministischen Politikerinnen in der Fraktion werden systematisch ausgebootet, wie in der Anhörung zum § 218 am 2. 3. in Bonn wunderbar zu beobachten war. Daß die Männer der Fraktion auf diese Frauenmehrheit „überaus gelassen reagieren“, ist sicher richtig: Die Frauen sorgen schon selbst dafür, daß keine fortschrittliche, die männliche Vormachtstellung, weder in noch außerhalb der Partei, angreifende Politik gemacht wird.

Warum bei der PDS Petra Bläss „stillschweigend weichen mußte“, ist wirklich nicht zu verstehen: Christina Schenk ist nämlich in einer Sitzung der PDS-Abgeordneten zur frauenpolitischen Sprecherin und Petra Bläss zur sozialpolitischen Sprecherin gewählt worden.

In den Arbeitsstrukturen der Gruppe zeigt sich ebenfalls die Bedeutung, die feministischer Politik beigemessen wird: Die Frauen verfügen nicht nur über ein angeblich faktisches Vetorecht, wie es Ulla Schmidt von sich behauptet, sondern über ein festgeschriebenes, vor den Gruppensitzungen findet ein Frauenplenum statt, und die Mitarbeiterinnen des Arbeitskreises Feministische Politik arbeiten in allen Arbeitsbereichen regelmäßig mit. [...] Susanne Ahlers, Mitarbeiterin

bei Christina Schenk MdB

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