Was fehlt

Natürlich wäre der Internationale Frauentag der richtige Anlaß, um in dieser Zeitung und speziell den folgenden Zeilen alles das zu beklagen, was für Frauen nicht ist, aber sein sollte. Doch wo kämen wir dann hin, und vor allem kämen wir aus der Depression nicht heraus. Folglich ersparen wir unseren LeserInnen die Negativbilanz der Geschichte und konfrontieren sie schlicht und ohne was fehlt mit den Realitäten am gestrigen Tag der Frauen.

„Teilen, Jungs!“ lautete das bundesweite Motto des Frauentags. Der DGB interpretierte dies flugs als Arbeitskampf-Parole: Arbeit schaffen, neu gestalten und anders verteilen. Irgendwann hatte Nordrhein-Westfalens Frauenministerin Ridder-Melchers wohl ähnlich gedacht und gefordert, daß öffentliche Aufträge nur noch an Firmen mit Frauenförderplänen vergeben werden sollten. Ausgerechnet gestern zog sie diese Forderung kleinlaut zurück. Die Saarländerinnen begriffen das Frauentagsmotto als Aufforderung zur politischen Partizipation. Sie verlangten, die Landesverfassung zu ändern und mehr Rechte für Frauen festzuschreiben. Männliche Vorgesetzte in Nordrhein-Westfalen hingegen wollen nichts anderes, als ihre Fettpolster teilen: Sie schleppten für ihre Mitarbeiterinnen kiloweise Pralinen an.

Mütter russischer Soldaten haben am Weltfrauentag mit einem Protestmarsch von Moskau nach Grosny begonnen. Sie demonstrieren gegen den Krieg in Tschetschenien.

Selbst um Parkplätze tobt der Geschlechterkampf. Frauenparkplätze werden häufig von Parkmachos okkupiert, berichteten die Frauenbeauftragten deutscher Großstädte.

Chinesische Ehemänner behandeln ihre Frauen zunehmend brutaler, ohne daß dies in der Öffentlichkeit als Problem begriffen werde, stellten WissenschaftlerInnen fest. In ganz China existiert ein einziges Frauenhaus.

Polnische Männer heucheln am besten. „Küß die Hand“ und Rosen, Tulpen, Nelken am Frauentag. Ungebrochen patriarchale Strukturen an allen anderen Tagen.

Die Deutsche Sektion der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte fordert, daß mit der Beschneidung von Frauen in Afrika Schluß gemacht wird.

Einmal besser als kein Mal? Gestern erschien die schottische Tageszeitung The Scotsman als Scotswoman.

Ein weibliches Trio hat in Magdeburg Straßenschilder überklebt. Während die Drei bei der plakativen Umbenennung des Breiten Wegs in „Lieschen-Müller- Straße“ noch tiefstapelten, verpassten sie dem Domplatz die Version: „Domenica-Platz“.

Unsere Bundestagspräsidentin wollte gestern auch mal was sagen. Rita Süssmuth erklärte dem Bundestag bei der gestrigen Frauendebatte, daß sich die Stellung der Frau nur verbessern würde, wenn es einen „revolutionären gesellschaftlichen Wandel“ gebe. Ach, ja. Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger stellte überraschenderweise fest, daß die Chancengleichheit für Frauen noch nicht voll verwirklicht sei, deshalb forderte sie diese stante pede.