: Mit nationalen Parolen zum Erfolg
■ Rechtsruck bei Provinzwahlen setzt Hollands Regierung unter Druck und bringt die Asylpolitik erneut auf die Tagesordnung
Den Haag (dpa) – Der Rechtsruck bei den landesweiten Provinzwahlen setzt die niederländische Regierung unter Druck. Aus den Wahlen am Mittwoch war die rechtsliberale Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) überraschend als stärkste Kraft hervorgegangen. Die Partei des Populisten Frits Bolkestein steigerte ihr Ergebnis im Vergleich zur Parlamentswahl des vergangenen Jahres um über sieben Prozentpunkte auf 27,2 Prozent. Sie ist damit nun stärker als ihre beiden Koalitionspartner in der Regierung zusammen: Während die Sozialdemokraten von Ministerpräsident Wim Kok um sieben Prozentpunkte auf 17 Prozent absanken, fielen die linksliberalen Demokraten '66 des Außenministers Hans van Mierlo von 15,5 auf 9,2 Prozent.
Abgestimmt wurde über die Abgeordneten der zwölf Provinzparlamente, die wiederum über die Zusammensetzung der Ersten Kammer des Parlaments in Den Haag bestimmen. Zwar haben Provinzwahlen in den Niederlanden nicht die Bedeutung wie hierzulande Landtagswahlen; entsprechend gering ist das Interesse der Bevölkerung: Die Wahlbeteiligung betrug nur 50 Prozent, etwas weniger als bei der letzten Provinzwahl vor vier Jahren. Aber durch ihren spektakulären Zugewinn kann die VVD als stärkste Kraft in der Ersten Kammer die Gesetzesbeschlüsse der Zweiten Kammer forcieren oder blockieren.
Ministerpräsident Kok mahnte den Führer der VVD, Frits Bolkestein, in der Nacht zum Donnerstag zur Loyalität gegenüber dem Kabinett. Der Fraktionschef der oppositionellen Christdemokraten, Enneus Heerma, erklärte, er rechne mit einem baldigen Bruch der Regierung und Neuwahlen.
Der Christdemokratische Appell (CDA) konnte sich von seiner Niederlage bei der Parlamentswahl im Mai 1994 nicht erholen und legte nur geringfügig um 0,7 Prozentpunkte auf 22,9 Prozent zu. Die erst vor einem Jahr gegründete Altenpartei erhöhte ihren Stimmenanteil von 4,5 auf 5,2 Prozent. Die Grünen verbesserten sich von 3,5 auf 5,4 Prozent. Auch drei kalvinistische Parteien erzielten Gewinne.
Parteimitglieder und politische Gegner der VVD führten deren Erfolg vor allem auf das Auftreten ihres Fraktionschefs Bolkestein zurück. Dieser hatte in den vergangenen Monaten auf „unangenehme Maßnahmen“ gegen Asylsuchende gedrängt, eine drastische Kürzung der Entwicklungshilfe gefordert und auf eine stärkere Berücksichtigung der „eigenen Interessen“ in der EU gepocht. Premier Kok kündigte seinen Widerstand gegen Bolkesteins Asylpläne an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen