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Estonia: Meyer-Werft zahlt lieber freiwillig

■ Prozeß wegen Fehlkonstruktion der Fähre soll offenbar vermieden werden

Stockholm (taz) – Die Meyer- Werft in Papenburg hat ihre grundsätzliche Bereitschaft zur Zahlung von Schadenersatz an die Opfer der „Estonia“-Katastrophe erklärt. Das hat Henning Witte, Rechtsanwalt der „Internationalen Angehörigengruppe“ der Estonia-Opfer als Ergebnis eines Gesprächs mit dem juristischen Vertreter der Meyer-Werft, Holtappels, Anfang der Woche in Hamburg mitgeteilt. Etwa 1.000 Menschen waren 1994 in der Ostsee ertrunken. Geld, sagte Rechtsanwalt Witte, würde für die Meyer- Werft „keine Rolle spielen“, soweit sich Zahlungen „in vernünftigem Rahmen“ bewegten.

Das Motiv der Eigentümerfamilie Meyer sei „christliche Mitmenschlichkeit“ – eine Begründung, mit der jedenfalls auch jede juristische Festlegung vermieden werden soll. Konkret seien die unzureichenden Leistungen an Angehörige estnischer Besatzungsmitglieder, vor allem aber an Kinder estnischer Opfer der Fährkatastrophe angesprochen worden. 32 estnische Kinder haben beide Eltern verloren, 185 ein Elternteil. Während die Versicherung der Estonia-Reederei, die norwegische Gesellschaft „Skuld“, den schwedischen Opfern Schadenersatzangebote unterbreitet hat, die von JuristInnen als recht großzügig eingeschätzt wurden, gilt dies nicht für Opfer und Überlebende aus dem Baltikum und Rußland.

Zwischen der „Angehörigengruppe“ und einigen kleineren Interessengruppen ist deshalb ein juristischer Streit um das weitere Vorgehen entstanden. Im Gegensatz zu den Rechtsanwälten der Angehörigengruppe, die eine Vereinbarung mit der Versicherung empfehlen, wollen die schwedischen Anwälte der vorwiegend baltischen Opfer es lieber auf ein Gerichtsverfahren ankommen lassen. Vor diesem Hintergrund war das Vorgehen von Meyer-Anwalt Witte auf Erstaunen gestoßen. Die Schadenersatzbereitschaft der Werft macht deutlich, daß ein Verfahren, bei dem die „offenbare Fehlkonstruktion“ der Fähre Thema wäre, möglichst vermieden werden soll. Reinhard Wolff

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