: Bundesbürger zeigen Einsatz-Freude
■ US-Studie: Hohe Zustimmung zu Militärinterventionen
Bonn (taz) – Durchwursteln von Fall zu Fall statt Zuspitzung der Debatte und klarer Entscheidung – in der Außen- und Sicherheitspolitik vermeidet die Bundesregierung präzise Vorgaben. Und das ohne Not, glaubt man den Ergebnissen einer Umfrage, die die Friedrich-Naumann-Stiftung jetzt vorstellte. Danach ist die Akzeptanz der bestehenden Verteidigungssysteme weit größer, als – je nach politischem Lager – angenommen oder befürchtet wird. Selbst in Grünen-Kreisen und bei der PDS erfreut sich die Nato ungeahnter Beliebtheit. Auch in der Einsatz-Freude stehen die Bundesbürger ihrer Regierung kaum nach.
Zu diesem Ergebnis kommt eine von der Naumann-Stiftung und der amerikanischen Rand Corporation vorgelegte Langzeiterhebung. Ihr amerikanischer Autor, Ronald D. Asmus, zieht darin den Schluß, daß die deutsche Öffentlichkeit in den vergangenen fünf Jahren auf die Herausforderungen der veränderten Sicherheitslage sehr schnell reagiert habe, obwohl „die politische Klasse“ in Deutschland bislang vor jeglicher Debatte darüber zurückgeschreckt sei, wie die deutsche Außen- und Sicherheitspolitik der Zukunft aussehen solle. Nur wenige Stimmen hätten „eine nationale Debatte“ gefordert, kritisiert Asmus, das Thema sei „weitgehend tabu“ geblieben.
Die Scheu der Politiker vor der Diskussion ist angesichts der Umfrageergebnisse unverständlich. So stieg die Wertschätzung der Nato im vereinigten Deutschland seit 1990 (50 Prozent) kontinuierlich und erreichte Ende 1994 (75 Prozent) fast wieder das (West-)Niveau zur Zeit des Kalten Krieges. Dabei hält laut Umfrage auch eine Mehrheit der Grünen-Wähler (53 Prozent) und fast die Hälfte der PDS-Wähler (48 Prozent) die Nato für unersetzbar.
Die rechtsintellektuelle Debatte über eine deutsche Sonderrolle findet offenbar keinerlei Widerhall: Die strategische Orientierung der Bevölkerung, so zeigen die Daten, bleibt eindeutig prowestlich. Für die Teilnahme der Bundeswehr an militärischen Missionen sprechen sich mittlerweile die meisten Deutschen aus. 86 Prozent befürworten eine Teilnahme an humanitären Missionen, 79 Prozent, wenn damit ein Genozid verhindert werden kann, 78 Prozent bei friedenserhaltenden Maßnahmen, 76 Prozent zur Verteidigung bedrohter Verbündeter oder wenn dadurch eine Verbreitung von Atomwaffen verhindert werden kann (72 Prozent).
Werden bestimmte Konfliktszenarien genannt, werden die Befragten vorsichtiger. Trotz prinzipieller Zustimmung, faßt Asmus zusammen, können sich die Deutschen „derzeit kaum konkrete Situationen vorstellen, die einen solchen Einsatz rechtfertigen würden“. Die außenpolitische Grundsatzdebatte, so fordert Autor Asmus, müsse offen und bald geführt werden. Sollte sich erst einmal ein Konflikt zuspitzen, so warnt er, sei es möglicherweise zu spät. Hans Monath
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