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Kroatien deutet Kompromiß in Blauhelm-Frage an

■ Ein Teil der UNO-Soldaten soll bleiben / UN stellt Versorgung der Krajina-Serben ein / CIA: Serben für Kriegsverbrechen verantwortlich

Zagreb (rtr/AP/epd) – Die kroatische Regierung ist jetzt offenbar doch bereit, zumindest einen Teil der 12.000 UN-Soldaten auf ihrem Territorium zu belassen. Wie aus UNO-Kreisen verlautete, hat sich Präsident Franjo Tujman in dieser Frage kompromißbereit gezeigt. Allerdings fordere er, daß die um die Hälfte reduzierten UN- Truppen künftig die Grenze zu Bosnien-Herzegowina und Serbien bewachen. Ähnlich äußerten sich gestern Mitglieder der kraotischen und bosnischen Regierungen auf einer Pressekonferenz in Kopenhagen.

Die Kompromißbereitschaft Tujmans war offenbar das Ergebnis intensiver diplomatischer Bemühungen. Nach Gesprächen des Abteilungsleiters im US-Außenministerium, Richard Holbrooke, in Zagreb, sagte eine Ministeriumssprecherin in Washington, die Mission sei kein Fehlschlag gewesen. Der Abzug der UN-Truppen wird nach gegenwärtigem Stand Ende Juni nötig, weil die Regierung in Zagreb das zum Monatsende auslaufende Mandat nicht verlängert hat. UN-Generalsekretär Butros Butros-Ghali hatte sich am Mittwoch in einem Interview für eine Veränderung des Mandats für die Blauhelme ausgesprochen, um deren weitere Stationnierung zu sichern.

Unterdessen hat das UN- Flüchtlingswerk UNHCR die Versorgung der Krajina-Serben in Kroatien gestern eingestellt. Die Maßnahme ist nach Angaben von UNHCR-Sprecherin Alemka Lisinksy eine Reaktion auf die massive Behinderung von Versorgungslieferungen an eingeschlossene Bosnier, die durch von Serben kontrollierte Gebiete gebracht werden müssen. Die Liefersperre gilt auch für die Truppen des abtrünnigen Muslim-Führers Fikret Abdic in Velika Kladusa an der Nordspitze der Region Bihać, der im Zusammenwirken mit den mit ihm verbündeten Serben Lieferungen für die eingeschlossene Bevölkerung in der Stadt blockiert.

Die bosnischen Serben sind nach Auffassung des US-Geheimdienstes CIA „für mindestens 90 Prozent“ der sogenannten ethnischen Säuberungen in Bosnien- Herzegowina verantwortlich. Das meldete die New York Times in ihrer gestrigen Ausgabe. Der Zeitung zufolge basiert der CIA-Bericht auf Luftaufnahmen und „zahlreichen präzisen technischen Analysen“. Zwar seien keine eindeutigen Beweise für eine direkte Verwicklung führender Politiker Serbiens und der bosnischen Serben in die Planung und Durchführung der Vertreibungen gefunden worden, die „systematische Natur der serbischen Aktionen legt jedoch nahe, daß (die bosnische Serbenhochburg) Pale und vielleicht Belgrad eine sorgfältig verschleierte Rolle“ bei der Vertreibung der nichtserbischen Bevölkerung gespielt habe, heißt es in dem Bericht.

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