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Tudjman will Entscheidung der UNO

Bosnisch-kroatisches Abkommen stärkt die kroatische Position / Die Drohung mit dem Krieg soll die UNO und die anderen internationalen Organisationen unter Druck setzen  ■ Von Erich Rathfelder

Berlin (taz) – Vielen westlichen Diplomaten galt es als „ein riskanter und undurchsichtiger Zug“, als der kroatische Präsident Franjo Tudjman am 12. Januar forderte, die UNO-Truppen sollten sich zum 31. März aus Kroatien zurückziehen. Drei Optionen schienen sich für die kroatische Politik herauszukristallisieren. Erstens, so vermuteten manche Beobachter, wolle Tudjman eine Veränderung des Mandats der UNO-Truppen erzwingen. Bosnische Kommentatoren befürchteten zweitens, Tudjman wolle die serbische Seite, vor allem den serbischen Präsidenten Slobodan Milošević, zu einem Kuhhandel bewegen: Wenn Serbien zustimmte, die serbisch besetzte Krajina in Kroatien wieder unter kroatische Oberhoheit zu bringen, würden die Kroaten im Gegenzug einer Teilung Bosniens entlang der faktisch existierenden Demarkationslinien zustimmen.

Und drittens käme Tudjman angesichts der Verweigerungshaltung Serbiens nicht mehr umhin, die Koalition mit Bosnien zu stärken und eine gemeinsame militärische Aktion in Kroatien und Bosnien ins Auge zu fassen.

Bis vor kurzem schienen noch alle drei Optionen offen zu sein. Einerseits blieb Tudjman gegenüber den Vereinten Nationen fest und forderte beharrlich deren Rückzug. Andererseits wiederholte der kroatische Präsident ein ums andere Mal die Gesprächsangebote an die Belgrader Führung. Da zudem die kroatischen Extremisten der Westherzegowina erneut für Spannungen mit der muslimisch-bosnischen Seite sorgten, blieb auch die Option einer kroatisch-serbischen Verständigung in Bosnien auf Kosten der Muslime offen. Die kroatische Politik blieb undurchschaubar.

Die Entwicklungen der letzten Tage haben einiges geklärt. Auf Druck sowohl der Krajina-Serben wie auch der bosnischen Serben hat die serbische Führung in Belgrad Tudjman abblitzen lassen. Einen Kuhhandel zwischen den beiden Präsidenten in bezug auf die Krajina und die Teilung Bosniens wird es also nicht mehr geben.

Präsident Tudjman, das wurde in den letzten Tagen klar, kann noch die Veränderung des UNO- Mandats herbeiführen oder aber auf die Karte einer gemeinsamen Politik mit Bosnien setzen. Für beide Optionen wurden die Weichen schon gestellt.

Mit den Äußerungen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen, Butros Ghali, zu Wochenbeginn in Wien, es sollte eine Mandatsänderung für die UNO-Truppen in Kroatien ins Auge gefaßt werden, haben die Vereinten Nationen erstmals zu erkennen gegeben, daß sie Tudjman entgegenkommen wollen. Wären sie dazu bereit, würde sich die Lage in der Region entspannen.

Um jedoch bei den zukünftigen Verhandlungen mit den Vereinten Nationen Druck entfalten zu können, braucht Tudjman weiterhin die Drohung mit dem Krieg. So hat Kroatien jetzt ein Interesse daran, mit den bosnischen Muslimen tatsächlich zu einer Einigung zu kommen. Es war ein erster Schritt dorthin, als beide Seiten am letzten Montag ankündigten, ein gemeinsames bosnisch-kroatisches Oberkommando zu bilden. Und auch die Verhandlungen zwischen muslimischen und kroatischen Spitzenpolitikern in Bonn, die gestern erfolgreich abgeschlossen wurden, deuten darauf hin, daß die kroatische Führung diese Option unbedingt offenhalten will.

Danach soll jetzt mit der Bildung der kroatisch-muslimischen Föderation in Bosnien ernst gemacht werden. Bis zum 1. April sollen kommunale Versammlungen zusammentreten, bis zum 15. April sollen die schon längst beschlossenen Kantone endlich funktionsfähig gemacht werden. Dies bedeutet im Klartext, daß der kroatisch-bosnische Staat „Herceg-Bosna“ zugunsten des kleineren, weiterhin kroatisch dominierten Kantons „Westherzegowina“ verschwinden wird. Mostar, die bisherige „Hauptstadt“ Herceg-Bosnas, wird zur vereinten Hauptstadt eines gemischten Kantons, der Teile Zentralbosniens umschließt. Bis zum 25. April sollen diese Schritte umgesetzt sein. Die kroatisch-bosnische Armee HVO wird langfristig mit der bosnischen Armee (BiH) vereint.

Ob es jedoch zu einem Krieg zwischen den verbündeten Kroaten und Muslimen einerseits und den Serben in Bosnien und Kroatien andererseits kommen wird, bleibt trotz der militärischen Mobilisierung fraglich. Würde die UNO ihr Mandat verändern, würden die Gründe für eine militärische Aktion entfallen. So liegt jetzt die Entscheidung über Krieg und Frieden bei der UNO.

Tudjman ist es mit seiner Politik schon jetzt gelungen, die UNO unter Druck zu setzen.

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