■ Billigtarif der Bahn in zu vollen Zügen genossen: Großgruppen-Ticket abgeschafft
Frankfurt (AP/dpa) – Angesichts des riesigen Ansturms auf Fahrten mit dem Ticket „Schönes Wochenende“ plant die Deutsche Bahn AG die Reform des Tarifs: Vom kommenden Wochenende an wird der Großgruppen-Tarif, mit dem bis zu 50 Personen für 120 Mark und bis zu 100 Personen für 160 Mark am Samstag und Sonntag durch ganz Deutschland reisen konnten, wieder zurückgezogen. Das Ticket für 5 Personen zu 15 Mark bleibt weiter im Angebot. Zugleich verhandelt die Bahn unter anderem mit den Verkehrsverbünden München, Ruhr-Sieg und Rhein-Ruhr, in denen das Ticket bislang noch nicht gilt, über eine Zusammenarbeit.
Bahn-Vorstandsmitglied Klaus Daubertshäuser schloß am Sonntag in Interviews nicht aus, daß die 5er-Fahrkarte dann „um ein paar Mark“ teurer werden könnte. Berichte, wonach eine Preiserhöhung bereits feststehe, wies er hingegen als falsch zurück. Ziel der Verhandlungen sei es, den Sondertarif flächendeckend im ganzen Bundesgebiet anzubieten. Da einige Verkehrsverbünde eigene Wochenendtarife zu 24 bis 35 Mark anböten, sei die Bahn bereit, ihre Preise leicht zu erhöhen.
Die Gewerkschaft der Eisenbahnbeschäftigten im Deutschen Beamtenbund (GDBA) nannte das Ticket „tarifpolitischen Schwachsinn“. Der Bahn entstünden erhebliche Einnahmenverluste im Fernverkehr, viele Züge seien überfüllt und Reisende verärgert, erklärte Jürgen Reif, Bezirksvorsitzender der GDBA in Nürnberg.
Nach Angaben von Bahnmann Daubertshäuser verzeichnet die Bahn am Wochenende bis zu zweistellige Zuwachsraten mit ihrem Anfang Februar eingeführten Sonderangebot. Nutzten zunächst 70.000 Menschen das „Schöne Wochenende“, seien es zuletzt schon 150.000 gewesen. Viele Nahverkehrszüge sind samstags und sonntags mittlerweile völlig überlastet, auf der Strecke Frankfurt–Kassel etwa sind häufig nur noch Stehplätze zu ergattern. In München seien etliche Züge zu 200 Prozent belegt gewesen, berichtete der dortige Bahnsprecher Horst Staimer.
„Besonders faszinierend“ nannte es Nahverkehrschef Daubertshäuser, daß 40 Prozent der Benutzer des Sondertickets neue Kunden seien, die zuvor noch nie mit der Bahn gefahren seien.
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