: Clinton nominiert neuen CIA-Chef
■ John Deutch übernimmt das Amt nun doch / Präsident formuliert neue „Prioritäten“ für die US-Spionagetätigkeit
Washington/Berlin (AFP/taz) – US-Präsident Bill Clinton hat am Samstag den stellvertretenden US- Verteidigungsminister John Deutch als neuen Chef des Geheimdienstes CIA nominiert. Der 56jährige, dessen Ernennung noch durch den Senat bestätigt werden muß, folgt im Amt James Woolsey nach, der Ende Dezember nach heftiger Kritik an seiner Amtsführung zurückgetreten war.
Der zunächst von Clinton nominierte Ex-General der Luftwaffe, Michael Carns, hatte seine Kandidatur für die CIA-Spitze zurückgezogen. Begründung: der Konflikt um einen früheren Hausangestellten, der aufgrund eines „unschuldigen Fehlers“, wie Carns es ausdrückte, nicht angemessen bezahlt worden sei.
Der 1938 in Belgien geborene John Deutch gilt als Experte für Militärfragen und neue Technologie und war von Anfang an Clintons Wunschkandidat gewesen. Deutch hatte den Posten an der Spitze des CIA jedoch ausgeschlagen und es vorgezogen, stellvertretender Verteidigungsminister zu bleiben. Nach Angaben seiner Freunde wollte er, der nach seiner Tätigkeit als Chemieprofessor am Massachusetts Institute of Technology gerne Präsident des renommierten Instituts würde, seine akademische Karriere nicht durch den Job als CIA-Chef kompromittieren. Erst nach dem Rückzug von Carns hatte Deutch in seine Nominierung eingewilligt. Die sei für ihn eine „große Ehre“, sagte er in einer ersten Stellungnahme. „Ich erwarte mit Begeisterung diese Herausforderung.“ Präsident Clinton stellte seinen neuen „alten“ Kandidaten am Samstag als „dynamische, brillante Führungspersönlichkeit“ vor, „die über die notwendigen Eigenschaften für dieses wichtige Amt verfügt“.
In der vergangenen Woche bereits hatte Clinton in einem vertraulichen Papier neue „Prioritäten“ für die Spionagetätigkeit der USA festgelegt. Nach Ansicht eines französischen Vertreters in Washington dient der CIA seit dem Ende des Kalten Krieges vor allem dazu, andere Wirtschaftsmächte auszuspionieren. Clintons Sprecher Michael McCurry hate am Freitag gesagt, die US-Spione würden sich künftig auf „neue Bedrohungen“ konzentrieren, die nach dem Ende des Kalten Krieges aufgetreten seien. Als Beispiele nannte er die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, den Terrorismus und das internationale Verbrechen.
Laut einem Bericht der Washington Post gehören zu den neuen Aufgaben des CIA zudem Informationsbeschaffung über den Islamismus und die Wirtschaftsspionage. Im Februar hatte Paris von Washington die Abberufung von US-Diplomaten gefordert, die im Verdacht der Wirtschaftsspionage standen. kim
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