: Tätige Nächstenliebe -betr.: "Kirchenasyl soll strafbar werden", taz vom 10.3.95
Betr. „Kirchenasyl soll strafbar werden“ v. 10.3.
Wenn die Bremer Staatsanwaltschaft künftig gegen diejenigen vorgehen will, die „aktiv Vorkehrungen treffen, um jemanden zu verstecken“, mag sie zwar das Recht auf ihrer Seite haben. Gerechtigkeit wird damit freilich nicht geübt. Mit der Änderung des Asylparagraphen 16 im Grundgesetz wurde Ungerechtigkeit zum Gesetz gemacht. Es werden seitdem zunehmend Menschen abgeschoben. Viele von ihnen sind in der Heimat von Verfolgung und Tod bedroht. Sie davor durch die Gewährung von Kirchenasyl zu schützen, ist tätige Nächstenliebe.
Frei nach dem Apostel Petrus (Apostelgeschichte 5,29) gehorchen Gemeinden, die Kirchenasyl gewähren, Gott mehr als dem Staat, und das ist gut so. Wie die Menschen, die im „Dritten Reich“ Juden und anderen Verfolgten der Nazidiktatur Unterschlupf gewährten, handeln sie aus Mitmenschlichkeit, Nächstenliebe, Solidarität. Sie haben richtig erkannt, daß es Christenpflicht ist, Menschen zu helfen, die in Bedrängnis geraten, weil der Staat durch Gesetze Ungerechtigkeiten schafft. Zum Glück haben diese Gemeinden die volle Sympathie des Kirchenausschusses der Bremischen Evangelischen Kirche.
Es ist wünschenswert, daß sich alle Menschen, die sich als Christen bezeichnen, mit diesen Gemeinden solidarisch erklären und sich in ihren Gemeinden für die Gewährung von Kirchenasyl einsetzen. Mit einer Plakatwand rief ich am letzten Reformationstag zur Gewährung von Kirchenasyl auf. Ich möchte diesen Aufruf hiermit ergänzen um das Angebot, kirchenasylgewährende Gemeinden zu unterstützen.
Joachim Fischer, Glied der Ev. Kirchengemeinde Rablinghausen
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