: Opfermythos gepflegt
■ Aufarbeitung der besonderen Art
Weil die „Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Stalinismus“ sich seit dem Brandanschlag auf das Auto der Bibliotheksleiterin Ursula Popiolek bedroht fühlt, fand die außerordentliche Mitgliederversammlung am Montag abend unter Bewachung statt. Und weil der Förderverein der Bibliothek noch immer schwer an den Folgen der Affäre der als Opfer des Stalinismus entschädigten ehemaligen KZ-Aufseherin Margot Pietzner leidet, war die Sitzung auch nicht öffentlich. Dabei standen bei dieser ersten Versammlung nach der Inthronisation eines – bis auf Wolfgang Templin – neuen Vorstandes auch „Stellungnahmen“ zum Fall Pietzner auf der Tagesordnung. Zu hören war dann aber lediglich, daß sich der neue Vorstand in den letzten drei Monaten mit dem Fall vertraut gemacht habe und daß die Gedenkbibliothek zusammen mit der Evangelischen Akademie Ende Mai ein grundsätzliches Seminar zu Entschädigungsproblemen abhalten wird.
Das eigentliche Anliegen der Mitgliederversammlung galt der Sicherheitslage, wörtlich der „Gefahrensituation“. Der bis heute nicht bei der Polizei gemeldete Brand im Hausbriefkasten des in den Fall Pietzner verwickelten ehemaligen Vorstandsmitglieds Siegmar Faust und der Brandanschlag auf das Auto des Vaters von Frau Popiolek wird vom Vorstand als „dramatische Zuspitzung“ der bisher nur verbalen Angriffe auf die Gedenkbibliothek begriffen. Die krankgeschriebene Ursula Popiolek muß – so Wolfgang Templin – „die weitere Dauerkonfrontation mit diesen Fragen vermeiden“. Ein Satzungsänderungsantrag eines eigens aus München angereisten Mitglieds zur stärkeren Kontrolle des Vorstands wurde den Mitgliedern vorab nicht unterbreitet, geschweige denn diskutiert. Anita Kugler
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