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Anhörung ohne Experten

■ Anhörung „Showveranstaltung“ / Experten sagen reihenweise ab

Bonn (AFP/AP/epd/taz) – Einen Tag vor der Bundestagsanhörung zur Lage der Menschenrechte in der Türkei haben mehrere Experten ihre Beteiligung abgesagt. Der Rechtsexperte Christian Rumpf und der Bischof Timoteus Samuel Aktas verzichteten aus Angst vor Strafaktionen der türkischen Behörden. Die Referenten des Internationalen Vereins für Menschenrechte in Kurdistan, Jörn-Erik Gutheil und Certac Bucak, stellten ihre Teilnahme in Frage. Die Anhörung werde zur „Showveranstaltung“, wenn die „geplante Aufhebung des Abschiebestopps“ am selben Tag bekanntgegeben werde, erklärte Bucak.

Auch die Istanbuler Anwältin Eren Keskin wird nicht nach Bonn kommen. Wegen eines bestehenden Haftbefehls verweigert ihr die Türkei die Ausreise. Die Juristin und Menschenrechtlerin war im vergangenen September wegen „separatistischer Propaganda“ verurteilt worden, weil sie in einem Brief an das belgische Parlament Übergriffe türkischer Sicherheitskräfte im Kurden-Gebiet geschildert hatte. Die Expertenanhörung des Bundestags-Innenausschusses soll heute klären, ob Kurden und andere Minderheiten in der Türkei bedroht sind. Derzeit dürfen Kurden wegen der Berichte über Menschenrechtsverletzungen nicht in ihre Heimat zurückgeschickt werden.

Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) will nach der Anhörung bekanntgeben, ob der Abschiebestopp für Kurden aufgehoben wird. Die Grünen beantragten dagegen, die Entscheidung bis zur Auswertung der Anhörungsergebnisse aufzuschieben.

Das Bundesland Rheinland- Pfalz will den Abschiebestopp für Kurden in die Türkei notfalls im Alleingang verlängern. Innenminister Walter Zuber (SPD) sagte gestern, er gehe davon aus, daß Kanther an diesem Mittwoch den auslaufenden Abschiebestopp für Kurden nicht verlängern werde. Rheinland-Pfalz werde dann von sich aus einen Abschiebestopp bis Ende April festlegen. Bis zu diesem Zeitpunkt sei die Auswertung der Anhörung im Bundestag zu erwarten.

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