: Mobutus vorbeugende Diplomatie
■ Zaires Diktator besucht Bremen – gleich danach lehnt der SPD-beherrschte Senat einen Abschiebestopp für Zairer ab
Berlin (taz) – Eigentlich war es eine rein private Affäre. Der deutsche Unternehmer Ansgar Werner erneuerte in Bremen-Oberneuland seine alte Freundschaft mit Zaires Diktator Mobutu Sese Seko mit einer Cocktailparty. Bloß daß der Privatmann Mobutu, vom Weltsozialgipfel in Kopenhagen anreisend, mit dem Präsidentenjet in der Hansestadt landete und sich von Bremer Polizisten schützen ließ, was sonst nur bei offiziellen Angelegenheiten gemacht wird, und daß an der Stippvisite auch noch Mobutus Wirtschafts-, Finanz- und Außenminister teilnahmen – das war doch merkwürdig. Finster wurde die Geschichte vollends, als auf Nachfrage der taz-Lokalredaktion weder Bremens Innensenator noch sonst jemand für den Polizeieinsatz am vergangenen Sonntag verantwortlich zeichnen wollte – und als am Dienstag, einen Tag nach Mobutus Weiterreise nach Paris, der SPD-beherrschte Senat des Landes einen von der grünen Ausländersenatorin Helga Trüpel vorgeschlagenen Abschiebestopp unter anderem für Flüchtlinge aus Zaire ablehnte.
Daß Diktatoren gerne diskret reisen, ist normal. Doch in diesem Falle ist die Angelegenheit doch komplizierter. Die EU hatte 1992 ihre Zusammenarbeit mit Zaire wegen der dortigen Menschenrechtsverletzungen eingefroren – der Beschluß ist noch gültig. 1993 hatten Frankreich, Belgien und die USA gegen den Diktator Einreiseverbote verhängt und laut über weitere Sanktionen wie die Einfrierung der milliardenschweren Auslandskonten Mobutus nachgedacht. Noch im Februar 1994 sorgte Frankreichs Präsident François Mitterrand für einen Eklat, als er sich in der Elfenbeinküste bei den Beerdigungsfeiern für den verstorbenen Präsidenten Felix Houphouet-Boigny weigerte, neben Mobutu zu sitzen.
Seitdem hat sich Mobutu rehabilitiert. Im Juni 1994 ernannte er mit Kengo wa Dondo einen neuen Premierminister, der weder von der radikalen Opposition noch von den Hardlinern der Mobutu-Partei geliebt wird und daher faktisch als neutral zu gelten hat – er soll Wahlen bis zum Juli dieses Jahres vorbereiten. Die Massenflucht von Ruandern nach Zaire im vergangenen Sommer gab Mobutu zudem eine goldene Gelegenheit, als Schutzmacht auf die diplomatische Bühne zurückzukehren. Premierminister Kengo besuchte im Oktober die USA, Frankreich und Belgien und warb um Unterstützung.
Zaires Opposition ist mit dieser Entwicklung nicht glücklich. Viele Regimegegner halten die geplanten Wahlen für eine Farce, da es an fairen Teilnahmebedingungen fehle. Der Oppositionelle Bruno Luaula gegenüber der taz: „Mobutu hat sehr viel Geld und die Armee, und auf dem Land können die Leute eingeschüchtert werden.“ Sein Wunsch: „Mobutu sollte das Präsidentenamt verlassen. Dann könnte das Parlament eine neutrale Person suchen, um die Wahlen zu organisieren.“
Auch der jüngste UNO-Menschenrechtsbericht zu Zaire äußert Skepsis zu Mobutus Politik. „Vorbeugende Diplomatie ist dringend geboten“, heißt es. Was Mobutu unter vorbeugender Diplomatie versteht, hat er in Bremen bewiesen. Es geht auch anders: Dieser Tage verweigerte Belgien dem Chef des zairischen Unternehmerverbandes, Jean Bemba, ein Einreisevisum – er wollte nur in Belgien an der Beisetzung seiner verstorbenen Schwester teilnehmen. Dominic Johnson
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