Doswedanja, BMW-Limousine!

■ Organisierter Diebstahl oder schlicht ein Versehen? Russischer Angeklagter abgetaucht.

Das Auto ist gewöhnlich eine bewegliche Sache, man setzt sich rein, und ab geht die Post. Das dachten sich auch Andrej K. und Anatoli L., als sie am 17.7.94 gegen Mittag einen respektierlichen BMW 525 delphin-metallic bestiegen, Gas gaben und den verblüfften Verkäufer des Wagens im Rückspiegel stehen ließen. Doswedanja, das wars.

Nicht ganz. Denn „wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, dieselbe sich rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“ (§242 StGb). Und so mußte sich der 24jährige Anatoli L., im Juni 94 als Asylsuchender aus Rußland nach Köln gekommen, gemeinsam mit seinem Freund Andrej K. gestern vor Gericht verantworten.

Andrej aber hatte trotz Auto besseres vor. Per Brief hatte er Anatoli wenige Tage zuvor mitgeteilt, daß er seinen Aylantrag zurückgezogen habe und heim zu Mütterchen Rußland wolle. Das wundert weder Richter noch Staatsanwalt. Denn während Anatoli bislang unbescholten ist, taucht Andrej bereits mehrfach in deutschen Akten auf -wegen Autodiebstahls. Russenmafia nicht ausgeschlossen, meinten Richter und Staatsanwalt und versuchten, den Prozeß ohne Andrej durchzuführen.

„Ich habe nicht gestohlen“, versicherte Anatoli. Purer Zufall sei gewesen, daß er seinem Freund, den er seit Jahren nicht gesehen hatte, auf dem Kölner Automarkt begegnete. Dort habe ihn Andrej gebeten, ihn auf den Bremer Automarkt zu begleiten. „Andrej hatte einen Auftrag und Geld aus Rußland erhalten, um ein Auto zu kaufen,“ weiß Anatoli. Andrej habe ihm Geld für seine Hilfe versprochen. „Er hatte das ganze Geld und Angst, daß etwas damit passiert. Ich sollte nur neben ihm stehen.“ Daran hat sich Anatoli nicht ganz gehalten, während Andrej draußen verhandelte, bewunderte Anatoli die Innenausstattung der Limousine. Ob sein Freund wirklich bezahlt hat, kann der Angeklagte nicht sagen: „Ich weiß nicht. Als er einstieg, dachte ich, es sei alles in Ordnung, weil er ja Geld gehabt hatte.“

Ohne Andrej R. war der Fall nicht zu klären, zumal der Geschädigte sicher war, daß der der Haupttäter war. Und nun? „Wir müssen nachmal von vorne anfangen, das Verfahren wird vorübergehend ausgesetzt“, übersetzte die Dolmetscherin des Richters verzweifelten Schlußspruch. War's nur eine Irritation des Lichtes, das durch die regenverhangenen Fenster fiel, oder huschte da ein Lächeln über Anatolis Gesicht?

„Wenn wir diesen Andrej nicht finden, müssen wir Anatoli freisprechen“, bedauern Richter und Staatsanwalt. Erfolg verspricht die Suche nur, sofern sich der Angeklagte noch in der Bundesrepublik befindet. Ist Andrej R. in Rußland, ist alles zu spät. Den Richter hat die Erfahrung gelassen gemacht: „Die Zusammenarbeit mit den dortigen Behörden ist etwas schwierig. Aber mal sehen ...“ dah