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Eine Feuerpause ohne Ende

Zwei Tagungen zum Konflikt um die Kaukasus-Enklave Berg-Karabach zeigten die Unmöglichkeit zwischen den Streitparteien Armenien und Aserbeidschan zu vermitteln  ■ Aus Mühlheim Jürgen Gottschlich

Der erste Schritt zur Beendigung eines Krieges ist eine Feuerpause und der Beginn von Gesprächen. Die Feuerpause dauert im Krieg um Berg-Karabach nun bereits knapp ein Jahr, mit den Gesprächen hapert es allerdings bis heute. In der letzten Woche fanden in Deutschland zwei Versuche statt, Aserbaidschaner und Armenier an einen Tisch zu bringen, um zumindest die Rahmenbedingungen abzustecken, innerhalb derer verhandelt werden könnte. Schon dabei zeigte sich ein Problem, das in ähnlicher Weise Israelis und Palästinenser Jahrzehnte beschäftigt hat. Wer, so fragte der SPD-Bundestagsabgeordnete, Dietrich Sperling, die Diskutanten, die sich am Wochenende in der Evangelischen Akademie Mülheim versammelt hatten, sind denn eigentlich die Konfliktparteien. „Fragt man die Aserbaidschaner, sagen diese: Armenien und Rußland. Fragt man in Armenien, sagt die Regierung in Jerewan: Aserbaidschan und Berg-Karabach. Wir sind an diesem Krieg nicht beteiligt und die Russen sowieso nicht.“ Wer soll also mit wem verhandeln? Für den aserbaidschanischen Vertreter in Mülheim war klar: „Ohne Armenien wird es keinen Frieden geben. Aserbaidschan wird nicht mit den Sezessionisten aus Berg- Karabach verhandeln.“

Das Problem, wer sich nun mit wem an einen Tisch setzen soll, konnte auch bei einem Treffen in der Friedrich-Ebert-Stiftung Anfang letzter Woche nicht gelöst werden. Gemeinsam überlegten dort die Helsinki-Gruppen Aserbaidschans und Armeniens, welche Schritte zivile Gruppen aus beiden Gesellschaften tun können, um den Frieden voranzubringen. Auch sie blieben immer wieder an der Statusfrage Berg- Karabachs hängen.

Wie weit beide Gesellschaften im Transkaukasus von einer friedlichen Lösung entfernt sind, wurde bei der Diskussion in Mülheim erneut deutlich. Ali Farivar, der von Deutschland aus humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge in Aserbaidschan organisiert, plädierte für den Blick nach vorn: Schluß mit der Aufrechnung der Vergangenheit, laßt uns darüber reden, wie eine zufriedenstellende Autonomie für Berg-Karabach aussehen könnte. Allein diese Bemerkung zog sofort heftigste Reaktionen der armenischen Seite nach sich. „Ohne Konsequenzen aus der Vergangenheit zu ziehen, wird es in Karabach keinen Frieden geben, stellte Raffi Kantian, Sprecher der deutsch-armenischen Gesellschaft, kategorisch fest. „Ein zurück zu dem Zustand vor 1988 (also vor Ausbruch des Krieges, d.Red.) wird es nicht geben.“ Formal hatte Berg-Karabach auch unter sowjetischer Herrschaft einen Autonomiestatus innerhalb der Sowjetrepublik Aserbaidschan. „Tatsächlich“, so Kantian, „hatten die Armenier nichts zu sagen.“ Der Status quo ante, so die Armenier, komme nicht wieder in Frage. Eine Anerkennung des Anschlusses Berg-Karabachs an Armenien oder eine Entlassung Karabachs in die Unabhängigkeit steht dagegen für Aserbaidschan nicht zur Debatte.

Als Vermittler zwischen den Konfliktparteien hatte die Akademie zwei deutsche Kaukasus-Experten aufgeboten. Uwe Halbach vom ostwissenschaftlichen Institut in Köln, Berater der Bundesregierung, versuchte vor allem den Armeniern klarzumachen, daß ihre militärischen Erfolge in Karabach auf Dauer international nicht akzeptiert würden. „In der völkerrechtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Prinzip der Selbstbestimmung der Völker auf der einen Seite und dem Prinzip der territorialen Integrität aller Staaten auf der anderen Seite, neigt sich das internationale Pendel wieder stark zur Aufrechterhaltung der bestehenden staatlichen Integrität. Das habe man zuletzt in Tschetschenien deutlich gesehen.“ Mit anderen Worten: Die Armenier sollten besser anfangen, eine Kompromißlinie aufzubauen, solange die Russen sie noch unterstützen. Das könnte sich ändern, sobald Rußland und Aserbaidschan eine für Rußland befriedigende Regelung zur Ausbeutung der aserbaidschanischen Ölquellen gefunden haben. Rußlands Sonderbotschafter im Transkaukasus, Kasimirow, so berichteten Teilnehmer, habe bereits klargemacht, daß ein Anschluß oder eine staatliche Selbständigkeit Karabachs für Moskau nicht in Frage kommt.

Also doch Autonomie. Aber mit welchen Rechten und vor allem, wer garantiert letztlich die Verträge? Armeniens Botschafter in Bonn, Felix Mamikonian, sah da für die nächste Zukunft wenig Chancen, denn „Aserbaidschan hat formal zur Zeit drei gewählte Präsidenten. Wer soll uns da Garantien geben?“

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