piwik no script img

Krim droht mit Unabhängigkeit

Ukraine setzt Präsident der autonomen Krim-Republik ab / Im Gegenzug droht Parlament in Simferopol mit Unabhängigkeitsreferendum  ■ Von Klaus Bachmann

Warschau/Simferopol (taz/ AFP) – Im Machtkampf zwischen der ukrainischen Zentralregierung und der autonomen Krim-Republik hat das Krimparlament am Wochenende mit einem Unabhängigkeitsreferendum gedroht. Krimpräsident Juri Meschkow kündigte außerdem für Montag eine Reise nach Moskau an, wo er seinen Kurs offenbar von der russischen Führung absichern lassen will. Die ukrainische Führung ihrerseits ließ Spezialeinheiten in die Krim-Hauptstadt Simferopol verlegen. Diese Demonstration der Stärke wurde offiziell damit begründet, daß die Elitesoldaten die wachsende Kriminalität auf der Krim bekämpfen sollen.

Bereits am Freitag hatte das ukrainische Parlament mit überwältigender Mehrheit die Präsidentschaft Meschkows und die Verfassung der Krim-Republik für nichtig erklärt. Außerdem wurde die Staatsanwaltschaft aufgefordert, gegen Meschkow Ermittlungen wegen Amtsmißbrauchs einzuleiten. Sergei Zekow, der Vorsitzende des Krimparlaments, war zuvor nach Kiew bestellt worden. Dort erklärte ihm Präsident Kutschma, Kiew werde nun drastische Maßnahmen gegen den Separatismus, „den größten Fluch des 20. Jahrhunderts“ ergreifen, um tschetschenische Verhältnisse in der Ukraine zu verhindern.

Nach den Entscheidungen des ukrainischen Parlaments trat das Krimparlament am Samstag zu einer Sondersitzung zusammen. Dort betonte Zekow, die Ukraine habe kein Recht, Krim-Präsident Meschkow seines Amtes zu entheben. „Der Präsident der Republik ist vom Volk gewählt, und nur das Volk kann über seine Zukunft entscheiden“, erklärte er. In ihrer Abschlußerklärung drohen die Parlamentarier Kiew mit der Durchführung eines Unabhängigkeitsreferendums. Im Falle eines solchen Referendums gilt ein Ja zur Loslösung von der Ukraine als sicher.

Die Krim, die erst in den fünfziger Jahren von Stalin der Ukraine übergeben wurde, wird zu zwei Dritteln von Russen bewohnt. Als die Ukraine unabhängig wurde, erhielt sie den Status einer autonomen Republik. Im Krimparlament haben seit den letzten Wahlen prorussische Separatisten die Mehrheit, auch Präsident Meschkow gilt als russischer Separatist. In den letzten zwei Jahren hatten sich die Separatisten mehrfach bemüht, die Verfassung so zu ändern, daß die Krim zu einem unabhängigen Staat geworden wäre. So versuchten Meschkow und die Regierung eine eigene Nationalbank und eigene Sicherheitsbehörden einzurichten, geplant war die Einführung einer eigenen Krim-Staatsbürgerschaft und des Rubel als offizielles Zahlungsmittel.

Die große Chance für Kiew kam im Herbst letzten Jahres, als sich die Parlamentsmehrheit in Simferopol mit Meschkow zerstritt. Meschkow versuchte daraufhin, das Parlament aufzulösen, dieses setzte ihn ab. Doch weder die Bevölkerung, noch die Sicherheitskräfte der Krim schlugen sich auf eine von beiden Seiten. Letztere blieben auf Anweisung aus Kiew neutral. Damals wurde Präsident Kutschmas Vorgänger Krawtschuk zum Schiedsrichter und setzte einen Kompromiß auf der Basis des Status quo ante durch.

Rußland hat sich bisher offiziell aus dem Streit auf der Krim herausgehalten. Wie die ukrainische Nachrichtenagentur UNIAN meldet, wird der russische Vizepremier Oleg Soskowjez wie geplant am 20. März nach Kiew kommen. Der Vorsitzende des Dumaausschusses für Angelegenheiten der GUS, Konstantin Zametalin hatte Soskowjez aufgerufen, seine Visite in Kiew zu verlegen, die Verhandlungen über eine Umschuldung der ukrainischen Schulden in Rußland abzubrechen und gegen Kiew Wirtschaftssanktionen zu verhängen. Ukrainische Diplomaten in Moskau, die am Samstag das russische Außenministerium von den Maßnahmen gegen Meschkow unterrichteten, äußerten darüber ihr Befremden und betonten, die Krim sei eine interne ukrainische Angelegenheit.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen