: Tanzendes Bandenglück
■ Das Musical zur Stadtrundfahrt: „Linie 2“, das umjubelte SchülerInnenstück, rauscht mit neuer Karosserie über die Bühne/ Wieder im Etnst-Waldau-Theater zu sehen
Es war nicht das erste Mal, daß das SZ Horn und Rübekamp mit ihrer „Linie 2“ im Ernst-Waldau-Theater haltmachte. Schon vor einem Jahr gastierten die SchülerInnen an gleicher Stelle mit ihrer Bremer Version des Berliner GRIPS-Musicals „Linie 1“, eine bunte und peppige Stadtrundschau entlang der U-Bahn-Linie 1. Und schon damals begeiserten sie mit ihrer kritischen Liebeserklärung an Bremen das heimische Publikum. Daß sie nun eine neue Fassung der „Linie 2“ vorstellen, liegt nicht nur am Erfolg, sondern auch an der eigenen Unzufriedenheit: „Das Stück gab einfach noch viel mehr her“, sagt der Regisseur und Leiter der Horner Theater-AG, Rolf Schmidt; „vor allem aber hatten wir vor einem Jahr viel zu wenig Zeit.“ Und sie wollten zeigen, daß sie es noch viel besser konnten.
Die Struktur des Musicals blieb allerdings die gleiche: Geschichten über Bremen aus der Sicht von Fahrgästen der Straßenbahnlinie 2 plus Liebesgeschichte. Ansonsten wurde das Stück erstmal erheblich zusammengestrichen, um dann vereinzelt neue Elemente hineinzunehmen, zum Beispiel Opa Alldags plattdütsche ,Arie'. Andere Szenen wurden weiter ausgearbeitet. So enthält die jetzige Karosserie der „Linie 2“ ausgefeilte Tanznummern, für deren Choreographie Nina Beinssen verantwortlich zeichnet. Gut ein halbes Jahr lang probten die SchülerInnen zweimal die Woche; manche, die größere Gesangsparts übernommen hatten, sogar noch öfter. Sie gingen zusätzlich bei Gesangscoach Daniel Ackermann in die Schule.
Der Aufwand hat sich gelohnt. Wenn die junge „Linie 2“-Besatzung jetzt wieder auf die Bühne kommt, dann bietet sie u.a. eine raumbetonende Choreographie und stimmmige Kostüme, mal dezent, mal auch ziemlich schrill. Besonders zu spüren sind die Neuerungen in der Eingangsszene im Hauptbahnhof mit ihren schrillen und witzig stilisierten Kostümen, und vor allem in der ,Bandenschlägerei'-Szene, in der die AkteurInnen mit Tanzfiguren voll unterschwelligfer Aggressivität brillieren. Chorsequenzen und Gesangssoli, bei denen man deutlich das Training spürt, bilden Höhepunkte oder auch krönende Szenenabschlüsse. Lisa Henschen (als Junkie Beate) singt ihr trauriges Lied in einer Kulisse, die die düstere und hoffnungslose Atmosphäre der Container-Unterkunft in einfacher und wirkungsvoller Weise einfängt
Bei all den Mühen und all der Zeit, die geopfert werden mußte: Verliert man da nicht manchmal die Lust? Eigentlich, so sagen die SchülerInnen, habe es immer Spaß gemacht. Reicht der Spaß an der „Linie 2“ denn so weit, daß man vielleicht schon von einer Endstation im professionellen Theatermillieu träumt? Im Chor geschlossen: „Nein!“ Vielleicht ist die Frage auch zu platt gestellt; Regisseur Schmidt etwa ist sich sicher, daß sich die Berufswünsche bei einigen geändert haben. Wie dem auch sei, Miriam Abnoussi sagt es so: „Die meisten werden wohl schon in irgendeiner Weise ihr Interesse am Theater weiterverfolgen, und sei es als Hobby.“ Verena Mund
22. und 23. März, jeweils 20 Uhr, Ernst-Waldau-Theater
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