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Nur noch fünf Jahre Scheißen zum Gruppentarif

■ Trotz Überlastung: Billiges Bahnticket bleibt, aber Fäkalienregen muß unterbleiben

Frankfurt/Schleswig (AP/taz) – An Wochenenden wird es weiter überfüllte Züge geben. Der Sprecher der Deutschen Bahn AG, Hartmut Sommer, erklärte am Montag in Frankfurt zu den Folgen des „Schönes-Wochenende-Tickets“: „Das wird in Kauf genommen.“ Allerdings würden die Züge auf Strecken verstärkt, wo eine Überlastung vorhersehbar sei. Das Wochenendticket, mit dem bis zu fünf Personen für insgesamt nur 15 Mark ohne Kilometerbegrenzung in Eil- und Nahverkehrszügen fahren können, habe bisher zur Überlastung von rund 100 der 25.000 eingesetzten Züge geführt, die Bahn habe aber 42 Prozent neue Kunden gewonnen. „Schönes Wetter, verkaufsoffener Samstag oder eine Großdemonstration, das wird alles bei der Planung berücksichtigt“, sagte Sommer. Das Billigticket gilt seit 1. Februar. Bisher sind 650.000 Stück für insgesamt rund zehn Millionen Mark verkauft worden.

Bei einem derartigen Ansturm dürfte die Umrüstung von Zügen, zu der das Oberlandesgericht Schleswig die Bahn am Montag verdonnert hat, voraussichtlich nicht reichen. Die Bahn muß bis zum Jahr 2000 dafür sorgen, daß aus den Zugtoiletten während der Fahrt über den Nord-Ostsee-Kanal in Hochdonn keine Fäkalien mehr hinunterrieseln. Der Besitzer eines Grundstücks unter der Eisenbahnbrücke hatte das Unternehmen verklagt, da er es nicht mehr hinnehmen wollte, daß Toilettenpapier und Fäkalien auf seinem Grundstück landen.

Das Oberlandesgericht kam in seinem Urteil zu dem Ergebnis, daß eine wesentliche Beeinträchtigung des Grundstücks des Klägers gegeben sei. Der 51jährige Dieter Schwohn hatte unter anderem angeführt, daß er sein Grundstück wegen der ekelerregenden Beeinträchtigungen nicht mehr zu Freizeitzwecken nutzen könne, sogar den Gemüseanbau habe er einstellen müssen. Der Kläger kann nach Auffassung des Gerichts verlangen, daß die Bahn den Fäkalienregen unterbindet. Die erforderliche Umrüstung der Züge werde jedoch mit einem so erheblichen wirtschaftlichen Aufwand verbunden sein, daß sie der Bahn nur zuzumuten sei, wenn ihr dafür eine angemessene Frist von fünf Jahren eingeräumt werde.

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