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Ein Italiener bewacht den Welthandel

Die Mitgliedstaaten der „World Trade Organization“ (WTO) einigen sich auf die Besetzung des Generalsekretariats: Renato Ruggiero wird auch von den USA geduldet  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Schließlich gab auch der kleine Tiger auf. Der Südkoreaner Kim Chul-su erklärte sich gestern in Genf auf einem Treffen aller 122 Mitgliedstaaten der „World Trade Organization“ (WTO) bereit, auf den Sitz des Generaldirektors zu verzichten. Da mochten die USA die überfällige Personalentscheidung auch nicht mehr blockieren. Gatt-Präsident John Sutherland ist eigentlich schon aus der bloß kommissarischen Leitung der Gatt- Nachfolgeorganisation ausgeschieden. Die Zeit drängte. Ohne jede Begeisterung ließen die USA gestern den einzigen verbliebenen Bewerber, den ehemaligen Finanzminister Italiens, Renato Ruggiero, passieren.

Zusammen mit allen anderen Staaten des amerikanischen Kontinents hatten die USA zunächst den früheren Präsidenten Mexikos, Carlos Salinas, unterstützt. Doch Salinas war nach der Verhaftung seines Bruders Raul wegen angeblicher Verwicklung in einen polischen Mord Anfang März aus dem Rennen um den höchsten WTO- Posten ausgestiegen. Kurz zuvor hatten sich bei einer Probeabstimmung unter den WTO-Staaten 57 für Ruggiero, 29 für Kim und 28 für Salinas ausgesprochen. Die USA waren verstimmt, ihres Kandidaten beraubt und legten ein Veto gegen die beiden Spitzenreiter ein. Die amerikanische Vertreterin in Genf schlug vor, eine neue Bewerbungsrunde mit anderen Kandidaten zu eröffnen.

Aber auch die ursprünglichen Unterstützer von Salinas sind in letzten Wochen mehrheitlich auf die Seite des EU-Kandidaten Ruggiero geschwenkt. Der Regierung von Washington drohte die völlige Isolation. Die Europäische Union ihrerseits erleicherte den Amerikanern das Nachgeben – der WTO-Generalsekretär muß einstimmig gewählt werden. Die Europäer versprachen, daß sich der Italiener nur für eine einzige Amtszeit wählen lasse, die zudem auf drei Jahre beschränkt wird – das WTO-Statut sieht eigentlich vier Jahre vor. Außerdem hat sich die EU informell damit einverstanden erklärt, daß Ruggieros Nacholger kein Europäer sein darf.

Und auch Kim Chul-su geht nicht leer aus. Er wird voraussichtlich auf einen der Stellvertretersitze Ruggieros gewählt, und sein Land wird auf diplomatischem Wege für diesen Rückzug des asiatischen Kandidaten ins zweite Glied belohnt: Dem Vernehmen nach wollen die EU-Staaten die angekündigte Bewerbung Südkoreas für eine zweijährige Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat ab 1997 untersützten.

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