: Start-Hindernisse für Arbeitslose
Zeitarbeitsfirmen streiten um Förderung für Erwerbslosen-Vermittlung / Knackpunkt sind die „Schwervermittelbaren“ / 17 Projekte haben bis dato Subventionen beantragt ■ Aus Berlin Barbara Dribbusch
Bert Dijkhuizen, Geschäftsführer der Zeitarbeitsfirma „Start NRW GmbH“, hat es schwer. Erst drohte die kommerzielle Zeitarbeitsvermittlung adia interim mit einer Klage wegen unlauteren Wettbewerbs, dann sperrte der Haushaltsausschuß des Bundestages vorübergehend die Bundesmittel für das Unternehmen. Dabei gilt die Start GmbH als wegweisendes Modell: Durch den Arbeitnehmerverleih an Betriebe will die Zeitarbeitsfirma Erwerbslosen Dauerjobs vermitteln. Aber Höhe und Umstände der Subventionierung alarmieren die Konkurrenz.
Wie berichtet, werden die 18 neuen Start-Niederlassungen in Nordrhein-Westfalen in diesem und dem nächsten Jahr mit 5,5 Millionen Mark aus Landesmitteln und noch einmal der gleichen Summe vom Bundesarbeitsministerium gefördert. Ein Teil der Subvention wird als Zuschuß, ein Teil als Darlehen gewährt.
Die Bedingung für die Förderung: Alle über „Start“ vermittelten Zeitarbeitnehmer müssen vorher erwerbslos gewesen sein, mindestens 25 Prozent zu den „Schwervermittelbaren“ gehören. Dazu zählen nach den gesetzlichen Bestimmungen etwa Langzeitarbeitslose und über 50jährige Arbeitnehmer.
Die kommerziellen Zeitarbeitsfirmen befürchten durch den staatlich geförderten Betrieb unliebsame Konkurrenz: „Wir sind schon seit Jahren die größten Integratoren von Arbeitslosen“, behauptet Jürgen Uhlemann, Geschäftsführer des privaten Zeitarbeitsunternehmens adia interim. Etwa die Hälfte der adia-Zeitarbeitnehmer sei vorher arbeitslos gewesen. Ein Drittel der Verliehenen finde danach beim Entleiher oder anderswo eine feste Dauerstelle.
Auch einige Mitglieder des Haushaltsausschusses im Bundestages äußerten sich kritisch, weshalb die für dieses Jahr vorgesehenen 2,6 Millionen Mark Bundesfördergelder vorübergehend gesperrt wurden. Nachdem das Arbeitsministerium jetzt einen Bericht zu Start vorlegte, soll das Geld erst Anfang Mai frei werden.
Für die Gegenkampagne bei den kommerziellen Zeitarbeitsfirmen hat Dijkhuizen von Start kein Verständnis: „Wenn diese Firmen die gleichen Bedingungen erfüllen würden, bekämen sie auch die gleichen Zuschüsse.“ Auch Start NRW hat bislang nicht den Status der Gemeinnützigkeit. An der GmbH sind die Landesregierung, das Landesarbeitsamt, der DGB und die Arbeitgeberverbände in Nordrhein-Westfalen beteiligt.
Ob die Start GmbH künftig alle Bedingungen der hohen Subventionierung erfüllt, ist allerdings auch noch nicht geklärt. Denn die „Darlehen werden anteilig in Zuschüsse verwandelt, je nachdem, wie viele von den Schwervermittelbaren danach in feste Dauerstellen gebracht werden“, erklärt Dieter Marschall vom Bundesarbeitsministerium. Die Erfolgsquoten der GmbH sind bisher jedoch noch bescheiden.
Nach einem Gutachten der Hans-Böckler-Stiftung haben die bisher existierenden vier Start- Niederlassungen in den vergangenen zwei bis drei Jahren insgesamt 490 zuvor Arbeitslose als Leiharbeitskräfte eingestellt. Bis Ende August wurden 138 Personen in feste Beschäftigungsverhältnisse gebracht. Fast die Hälfte der Festvermittelten stammte laut Gutachten zwar aus der „besonderen Zielgruppe“ der Arbeitslosen. Dazu wurden in dem Gutachten aber auch AusländerInnen und BerufsrückkehrerInnnen gezählt, die laut Gesetz nicht per se zu den „Schwervermittelbaren“ gehören. Wie hoch die Erfolgsquote bei den gesetzlich definierten Problemfällen tatsächlich ist, kann auch Dijkhuizen nicht sagen.
„Der Arbeitsmarkt ist für Problemgruppen nicht besonders aufnahmefähig“, heißt es dazu im Landesarbeitsamt Nordrhein- Westfalen. Und das, obwohl die Arbeitgeber bei der Einstellung Langzeitarbeitsloser hohe Zuschüsse kassieren können. Bei Erwerbslosen, die ein Jahr ohne Job sind, gibt es im ersten Jahr 60 Prozent der Lohnkosten als Zuschuß vom Arbeitsamt. Die Arbeitgeber bekommen sogar Zuschüsse für die Probezeit, auch wenn sie die Erwerbslosen in dieser Phase entlassen.
Bis zum Ende des Jahres 1996 sind etwa 50 Millionen Mark Subventionen für förderungswürdige Zeitarbeitsunternehmen vorgesehen. Schon 17 Projekte, inklusive Start, hätten entsprechende Anträge gestellt, berichtet Marschall vom Arbeitsministerium. „Darunter sind kleine Träger, die beispielsweise Psychiatrie-Entlassene verleihen.“
Manche Träger vermittelten auch Arbeitsverhältnisse in Privathaushalte. Gemeinnützige Träger müßten die Subventionsgelder nicht zurückzahlen, betont Marschall. Auch ein kommerzielles Zeitarbeitsunternehmen will jetzt einen Versuch starten. Eine Filiale will sich speziell auf den Verleih von Schwervermittelbaren konzentrieren. Die Zuschüsse sind schon beantragt.
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