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Stadtwerke nicht an Meistbietenden

■ SPD-Vorstand ließ energiepolitische Position gegen Preag fallen / Tractebel ausgebremst

Über drei Stunden hat am Mittwoch abend der Landesvorstand der SPD zusammengesessen und über den richtigen Weg beim Stadtwerke-Verkauf gestritten. Und was ist dabei herausgekommen? „Das sagen wir am Samstag dem Landesparteitag, nicht heute der Presse“, wehrte gestern Landesvorsitzende Tine Wischer ab.

Notwendig war die Beratung, weil der SPD-Landesparteitag am 18.9.1993 sein Plazet zu Verkaufsverhandlungen mit der Einschränkung gegeben hatte, nur 24,9 Prozent dürften verkauft werden und die auch nicht an Atomstrom-Konzerne wie die Preag. Zu keiner Phase der Verhandlungen hat der Senat sich an diese politische Vorgabe gehalten, schon früh hatte Bürgermeister Wedemeier auch erklärt, daß er für den Verkauf von 49,8 oder 49,9 Prozent der Aktienanteile sei.

Wedemeier muß also den damaligen Beschluß am kommenden Samstag revidiert bekommen, soll dann Anfang der kommenden Woche ein Schlußstrich unter die Verhandlungen gezogen werden.

Um es kurz zu sagen: Wedemeier bekam, was er wollte. Bei nur einer Gegenstimme beschloß der Landesvorstand die Anpassung an die geschaffenen Tatsachen: 49,8 Prozent der Anteile sollen verkauft werden können.

Kompliziert und richtig kontrovers wurde es im SPD-Landesvorstand, als es um die Frage ging, an wen denn verkauft werden sollte. Wenn an die Veba, dann nur an ihre Tochterfirma Veba Kraftwerk-Ruhr, war eine Forderung im Landesvorstand.

Diese Tochterfirma ist nämlich vor allem im Fernwärme-Ausbau engagiert und hat in Magdeburg eine vorzeigbare kommunale Energiepolitik mitverantwortet. Und wenn schon 24,9 Prozent an eine Veba-Tochter, dann das andere Paket nicht auch noch an einen Vorlieferanten wie die Ruhrgas, die überhöhte Preise zahlen kann in der Hoffnung, sie über hohe Gas-Lieferpreise wieder reinzuholen, war eine zweite Position.

Verschwiegen wurde dem Landesvorstand dabei, daß der belgische Konzern Tractebel sein Angebot so nachgebessert hat, daß es sogar ein wenig über den Vorlieferanten-Angeboten von Veba oder Ruhrgas liegt. Wenn der Finanzsenator allein bei seiner Position bliebe, an den Meistbietenden zu verkaufen, dann wäre Tractebel im Geschäft. Aber er schwieg darüber.

Aber Tractebel scheidet für den Bürgermeister aus einem schlichten Grund aus: Der Betriebsratsvorsitzende im Stadtwerke-Aufsichtsrat, Harbort, ist dagegen. Tractebel, so der Hintergrund dieser Abneigung, hat keine Vorlieferanteninteressen, muß also den jetzt zu zahlenden Kaufpreis über eine nach oben gedrückte Rendite mittelfristig rentabel machen.

Die Preag, der sich die Stadtwerke nach Ansicht des ÖTV-Vorstandsmitgliedes Willipinski sowieso beugen müssen („Wir sind eine kleine Insel im Preag-Land...“) zahlt nicht nur bessere Tarife als die Stadtwerke, sie kann ihr Kapital auch über ihre Stromlieferinteressen anders amortisieren als die Belgier.

Nach Mitternacht entschied der Landesvorstand der SPD mit deutlicher Mehrheit, daß alle klaren Festlegungen für Verkaufsoptionen vermieden werden sollen. Weder die Veba-Tochter VKK kommt in dem Beschluß vor noch die Verpflichtung, Vorlieferanten mit anderen Anbietern zu kombinieren. So stehen in dem SPD-Antrag nur noch „Bedenken“ gegen die Vorlieferanten - ganz vorsichtig und vollkommen unverbindlich. K.W.

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