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Rußlands Kritik an der Nato ausgeblendet

■ Das Treffen des US-Außenministers Christopher mit seinem russischen Amtskollegen Kosyrew verlief trotz deutlicher Kritik überwiegend harmonisch

Genf (taz) – Die Regierungen in Washington und Moskau sind weiterhin bemüht, ihre Differenzen nicht zu einer ernsthaften Belastung der „strategischen Partnerschaft“ zwischen beiden Staaten werden zu lassen. US-Außenminister Christopher äußerte nach dem gestern beendeten Arbeitstreffen in Genf mit seinem russischen Amtskollegen Kosyrew zwar deutlich Kritik am Krieg in Tschetschenien. Moskau müsse das „Gemetzel endlich beenden“ und die „ständige Präsenz einer Beobachtergruppe der OSZE zulassen“. Den geplanten Verkauf russischer Nuklearreaktoren an den Iran solle die Regierung Jelzin „im eigenen Interesse unterlassen“. Diese Äußerungen sollten aber vor allem die Kritiker von Präsident Clintons Rußland-Politik im republikanisch geführten Kongreß beeindrucken. Hinter verschlossenen Türen verlief das Arbeitstreffen nach Aussagen beider Minister „sehr konstruktiv“ und „harmonisch“.

Die einzige Maßnahme zur Druckausübung auf Moskau, die Christopher erwähnte, ist eher symbolischer Natur: Wegen des Tschetschenien-Kriegs und der umstrittenen Reaktorlieferung darf Präsident Jelzin wie im Vorjahr nur am politischen, nicht aber am wirtschaftlichen Teil des nächsten G-7-Gipfels im Juni im kanadischen Halifax teilnehmen. Kosyrew beschrieb den Meinungsaustauch zum Thema G7 dennoch als „konstruktiv“. Er erklärte, die nukleare Kooperation Rußlands mit Iran stünde „in voller Übereinstimmung mit den Regeln der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO“. Bis zum Präsidentengipfel am 9. Mai in Moskau werde der Streit gelöst. Zu diesem Zweck wurde die Einsetzung einer gemeinsamen Arbeitsgruppe vereinbart. Sie soll sich laut Christopher auch „mit allen anderen globalen und regionalen Proliferationsproblemen befassen“.

Ebenfalls bis zum Gipfel im Mai soll der START-II-Vertrag durch den Senat beziehungsweise die Duma ratifiziert werden.

In der Frage der Nato-Erweiterung vermieden beide Minister jegliche Festlegung. Auch auf hartnäckige Journalistenfragen hin war Christopher nicht bereit, auf die zum Teil sehr scharfe Kritik zu reagieren, die Kosyrew und der russische Generalstabschef in den Tagen vor dem Genfer Treffen an der weiteren Existenz der Nato und an ihren Osterweiterungsabsichten geäußert hatten. Statt dessen betonte Christopher, es gebe „eine solide Basis für die Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen der Nato und Rußland“.

Zum Thema Ex-Jugoslawien unterstrich Christopher die Notwendigkeit, die Aktivitäten der in den letzten Wochen zunehmend gelähmten internationalen Kontaktgruppe (USA, Rußland, Großbritannien, Frankreich, Deutschland) wiederzubeleben. Bereits an diesem Wochenende soll möglicherweise ein Treffen der Kontaktgruppe auf der Ebene der hohen Beamten der fünf Außenministerien stattfinden. Keine Angaben machte Christopher, ob er in den gestern von Kosyrew unterbreiteten und mit Serbiens Präsidenten Milošević abgestimmten Vorschlägen für die gegenseitige Anerkennung aller ex-jugoslawischen Republiken und für die Aufhebung der UNO-Sanktionen gegen Serbien/Montenegro eine neue gemeinsame Basis für die Kontaktgruppe sieht. Andreas Zumach

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